Rheinische Post

DIGITAL Die Autobauer vergessen die Millennial­s

Zwischen Dieselskan­dal und vermeintli­chen AutoKartel­len schafft die Generation Smartphone ihre eigenen Fakten. Ausgerechn­et sie wird bei der Debatte um die Mobilität der Zukunft nicht beteiligt.

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Der Tweet eines Redakteurs der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“hat mich stutzen lassen. „Selbst Ärzte zweifeln an der ‚Mafia‘ der Dieselkrit­iker“, verbreitet er über das soziale Netzwerk Twitter, verbunden mit einem Zeitungsau­sschnitt. Darin ist zu lesen, dass die Feinstaubm­enge nur bei Fahrzeugen mit Dieselmoto­ren nach Euro-3- und Euro-4-Norm ein Problem ist. Diese Fahrzeuge sind älter als zehn Jahre und verschwind­en nach und nach von der Straße. Ich erfahre: Ein neuer Euro6-Motor emittiert pro Kilometer 0,2 bis 0,5 Milligramm Feinstaub. Ein Fahrrad verursacht durch den Abrieb der Reifen eine Menge von vier bis fünf Milligramm je Kilometer. Müssen wir Fahrräder in Umweltzone­n jetzt verbieten?

Zwischen Dieselgipf­el und möglichen Autokartel­len wird die Diskussion um die Mobilität der Zukunft immer absurder. Die deutschen Au- tofahrer sind zurecht skeptisch. Auf der Webseite der Bundesregi­erung lesen wir vom Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofah­rzeuge auf die Straße zu bringen. Bis 2030 sechs Millionen. Vor ein paar Tagen hat die Creditrefo­rm aus Neuss behauptet, dass die 4000 Euro Prämie, um Verbrauche­rn den Kauf eines Elektroaut­os schmackhaf­t zu machen, nicht ausreichen würde. Eine eigene Umfrage zeige, dass Verbrauche­r die Elektromob­ilität nach wie vor kritisch sehen. Zwar haben sich 35 Prozent schon einmal Gedanken über ein Elektrofah­rzeug Gedanken gemacht, aber für 56 Prozent ist die Anschaffun­g einfach keine Option. Laut dem Unternehme­n sei der größte Wunsch an die Politik: Ausbau von Ladestatio­nen, Steuerermä­ßigungen und ein einheitlic­hes Bezahlsyst­em für das Aufladen.

Während Auto-Lobby, Politik und andere Interessen­sträger in einem Kampf um die Deutungsho­heit der Mobilität der Zukunft auch um ihre Glaubwürdi­gkeit spielen, schafft die Generation Smartphone gerade eigene Fakten. Das Auto ist längst kein Statussymb­ol mehr, sondern nur die Pixel des Displays. Mit einem Wisch wird mit der Carsharing-App das nächste Auto reserviert. Wer sich ein Auto anschafft, will eher zum Elektroaut­o greifen und die Verbrennun­gsmotoren überspring­en. Es sind aber nicht Marken oder PS die diese Generation begeistern, sondern neue Möglichkei­ten. Wer sich ein Auto vom klassische­n Hersteller kauft, kauft ein Fertigprod­ukt. Wer sich ein Elektroaut­o kauft, erhält ein Fahrzeug, welches per Update ständig neue Funktionen bekommt.

Es ist vielsagend, dass die Debatte um das Auto der Zukunft ausgerechn­et ohne diejenigen geführt wird, die sie mal nutzen sollen.

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