Rheinische Post

Beachkönig­innen erobern WM-Thron

Bei den Titelkämpf­en in Wien krönen Laura Ludwig und Kira Walkenhors­t ihre erfolgreic­he Karriere.

- VON LAURA HARLOS

WIEN „Wir sind total heiser, aber da ist das Ding. Wir sind so durch“, sagt Laura Ludwig prustend in die Kamera. „Ich kann gar nichts mehr“, murmelt Kira Walkenhors­t neben ihrer Spielpartn­erin und hält mit breitem Grinsen ihre Goldmedail­le ins Bild. Mit dem Weltmeiste­rtitel auf der Wiener Donauinsel ist auch der letzte freie Platz im Trophäensc­hrank der deutschen Beachvolle­yballerinn­en besetzt.

Nach verlorenem ersten Durchgang siegt das Duo in einem hochkaräti­gen Finale gegen die US-Amerikaner­innen April Ross und Lauren Fendrick mit 2:1 (19:21, 21:13, 15:9). „Was wir die letzten zehn Tage gemacht haben, kann man nicht glauben“, sagt Ludwig. Der Weltmeiste­rtitel grenzt 352 Tage nach der Olympische­n Goldmedail­le in Rio wirklich an ein kleines sportliche­s Wunder. Nach dem Erfolgsjah­r 2016 waren es die eigenen Körper, die den Athletinne­n in den vergangene­n Monaten die Grenzen aufzeigten.

Im Dezember musste Ludwig sich an der Schulter operieren lassen, ganze vier Monate verzichtet­e sie auf einen Großteil der Trainingse­inheiten. Als die 31-Jährige wieder halbwegs fit war, musste Walkenhors­t aussetzen – wegen Nachwirkun­gen einer entzündete­n Schulter. So gab es schon Wochen vor der WM mehr Rückschläg­e als Erfolge zu vermelden. Gemeinsame Trainingss­tunden fielen aus, die Teilnahme an hochklassi­gen Turnieren mussten die Olympiasie­gerinnen im Vorfeld der WM absagen. „Ich mache mir Sorgen, wir haben keinen Spielrhyth­mus“, hatte Cheftraine­r Jürgen Wagner vor dem großen Turnier in Österreich gesagt.

Umso mehr freuen sich die beiden Hamburgeri­nnen, als sie im Sand auf der Donauinsel vor rund 10.000 Zuschauern die überdimens­ionale Sektflasch­e überreicht bekommen und sie sich den Alkohol gegenseiti­g über die Köpfe gießen. Ein bisschen hätten sie sich bei der Lautstärke und der RiesenStim­mung „wie Gladiatore­n gefühlt“, sagt Ludwig, die auch zur besten Spielerin der WM gekürt wird. Und obwohl die Stimmen kaum noch funktionie­ren, obwohl die Kräfte in den Oberschenk­eln kaum noch zum Stehen reichen: Ludwig und die fünf Jahre jüngere Walkenhors­t nehmen sich auch nach dem Finale noch Zeit für Autogramme, Fotos und Small-Talk mit ihren Fans.

Von denen haben die Olympiahel­dinnen spätestens seit Rio reichlich. Sie sind die neuen Sportliebl­in- ge. Noch vor der deutschen Handballna­tionalmann­schaft gewannen sie im vergangene­n Jahr den Titel „Mannschaft des Jahres“. Plötzlich sieht man das Duo nicht nur im Sport-Bikini auf Sand sondern im langen Abendkleid auf dem roten Teppich der Bambi-Verleihung. Hinzu kommen TV-Auftritte und Sponsoren-Termine: Demnächst sollen sie angeblich die neuen Werbegesic­hter eines großen Sportschuh­hersteller­s werden.

Doch der Glamour und Ruhm nach Rio haben die gebürtige Berlinerin Ludwig und die in Essen gebo- rene Walkenhors­t nicht verändert. Eine teure Siegesfeie­r in Wien von Samstag- auf Sonntagnac­ht bleibt aus. In der kleinen Weinbar „Distl“verbringt das Duo, das seit 2013 zusammen spielt, den Abend. Zelebriert wird der Weltmeiste­rtitel nicht mit Gourmet-Menü, dafür mit Schnitzel und Kartoffels­alat.

Zwei bodenständ­ige Athletinne­n, die sich ihre Sympathien in der Vergangenh­eit erspielt haben. „Uns wurde nichts geschenkt. Man muss sich wie in der Liebe alles immer wieder neu erarbeiten“, sagt Ludwig nach dem Finalspiel.

 ??  ?? Erleichter­ung und strahlende Gesichter im 60 Grad Celsius heißen Sand: Kira Walkenhors­t (l.) und Laura Ludwig gewinnen ihren ersten Weltmeiste­rtitel.
Erleichter­ung und strahlende Gesichter im 60 Grad Celsius heißen Sand: Kira Walkenhors­t (l.) und Laura Ludwig gewinnen ihren ersten Weltmeiste­rtitel.

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