Rheinische Post

INFO Hauptstadt der kuriosen Wettbewerb­e

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land sei weltweit einzigarti­g, so dass mittlerwei­le auch viele Spieler aus dem Ausland zu Turnieren kämen.

An den Tischen stehen Spieler in jedem Alter, viele haben Trikots ihrer Vereine an. Schnell erkennt man: Wer extra für ein solches Turnier anreist, der möchte auch gewinnen. Konzentrie­rt blicken die Spieler auf das Feld und halten die Figuren mit den Stangen immer in Bewegung. Gespielt werden drei Sätze, jeweils bis fünf Tore. Jeder Handgriff, jede Bewegung scheint durchdacht, mit enormem Tempo passen sich die Spieler den Ball durch die Reihen.

Der Sport habe einen hohen Wettbewerb­sfaktor, sagt Nußbaum. „Du stehst deinem Gegner direkt gegenüber und musst dich schnell auf ihn einrichten. Eine konkrete Taktik kristallis­iert sich oft erst während des Spiels raus, wenn man weiß, wie der Gegner tickt.“Um die Schwächen des Gegners zu finden und auszunutze­n, sei es wichtig, vollkommen konzentrie­rt zu sein, erklärt Michael Kampermann: „Du darfst nur an den Ball denken und musst alles andere im Kopf abschalten!“Der Sport mache ihm so viel Spaß, dass er regelmäßig zu Turnieren außerhalb Düsseldorf­s fahre, dort sogar gegen die deutschen Meister spiele.

Alexander Di Bello ist einer von ihnen. Er steht auf Platz 3 der Weltrangli­ste, in diesem Frühjahr hat er in der Nationalma­nnschaft bei der WM gespielt. Der 25-Jährige hat wie die meisten in der Kneipe mit dem Kickern angefangen. Schnell habe er den Ehrgeiz entwickelt immer besser zu werden. „In den ersten Jahren habe ich jeden Tag trainiert. Nach einer Zeit dachte ich, ich könnte schon spielen, bei den Turnieren habe ich aber voll auf die Mütze bekommen“, erinnert er sich. Weil er schnell Freunde unter den Spielern gefunden habe, wollte er trotzdem weitermach­en und trainierte noch mehr. „Tischfußba­ll ist wie Schach“, erklärt di Bello, „ein reines Kopfspiel.“Bei der WM seien die Teilnehmer alle gleich gut. „Spielerisc­h tut sich da nicht mehr viel. Da entscheide­t sich alles im Kopf.“

Paul Nachtwey

Es geht Schlag auf Schlag am Tisch von Roland Büten und seinen Gegnern. Karten werden gemischt, verteilt, gespielt. Im Minutentak­t. 48 Runden gilt es, innerhalb von zwei Stunden zu spielen. Es ist die sechste Partie dieser Art an dem Wochenende für die Skatspiele­r. In den letzten Runden wird sich nun entscheide­n, wer die Tandem-Meistersch­aft gewinnt. „Es ist fast unmöglich, Platz 1 noch aufzuholen, die Spieler dort haben gerade 17.000 Punkte Vorsprung“, sagt Büten. Aber Platz 2, der wäre noch drin. „Das sind bloß 500 Punkte. Das können wir schaffen.“

Roland Büten ist aus Erkelenz zur Tandem-Meistersch­aft des Deutschen Skatverban­des nach Düsseldorf ins Maritim-Hotel gekommen. Wie der Name „Tandem“vermuten lässt, treten die Spieler dabei nicht alleine, sondern im Team an. Sie spielen allerdings nicht zusammen, sondern an verschiede­nen Tischen um die Punkte, die dann addiert werden. Büten und seine Gegner am Tisch belegen mit ihren Partnern gerade die Plätze fünf bis acht. Jeder von ihnen will möglichst viele Spiele in der letzten Runde für sich entscheide­n – schließlic­h können sie bis zu 1000 Euro gewinnen. „Aber um das Preisgeld geht es mir nicht, ich bin hier, weil mir das Spaß macht“, sagt Helmut Schulte, der ebenfalls mit am Tisch sitzt. „Geht mir auch so, das ist mein Hobby – obwohl ich in der Bundesliga spiele“, sagt Oliver Güthe aus Remscheid. Obwohl die Männer (abwechseln­d spielen immer drei von ihnen, der Vierte gibt die Karten) sich im Spiel nichts schenken, haben sie immer einen Witz auf den Lippen, ziehen sich gegenseiti­g auf, sehen den Zug des anderen voraus, fachsimpel­n.

Skat auf Vereinsebe­ne, das ist ihnen wichtig zu betonen, hat wenig mit dem Klischee der rauchenden und trinkenden Kartenspie­ler in der Kneipe zu tun. Im Gegenteil: Rauchen und Trinken auf Wettbewerb­en ist verpönt. „Es gibt Turniere, wo man gratis trinken kann. Da fahre ich nicht mehr hin“, sagt Roland Bü- Sportstadt Düsseldorf ist Sportstadt: Tour de France, Tischtenni­sWM, Fortuna, DEG, Handball. Düsseldorf ist aber auch die Hauptstadt der kuriosen Wettbewerb­e. Folgende Meistersch­aften wurden bereits in der Stadt ausgetrage­n: Scrabble-Meistersch­aft Im Hilton-Hotel traten die Wortkünstl­er im Juni gegeneinan­der an. Maskenbild­ner-Meistersch­aft Im April kämpften die Schminkpro­fis gegeneinan­der. WMimBadewa­nnen-Rennen Im Düsselstra­nd findet dieses kuriose Rennen regelmäßig statt. ten. Dass Tischnachb­ar und Gegner Oliver Güthe sich trotzdem ein Bier genehmigt, nimmt er hin – ist aber sicher, dass dessen schlechter Lauf mit dem Bier zu tun hat.

Skat hat in der Tat ein Imageprobl­em. Nur alte Menschen spielen es, so lauten Vorurteile, vornehmlic­h alte Männer, die dann – wie eben erwähnt – dabei rauchen und trinken. Das hört Peter Tripmaker, Präsident des Deutschen Skatverban­des, gar nicht gern. „Jedes Jahr bilden wir bis zu 1500 Schüler im Skatspiele­n aus, betreuen AGs in Schulen in ganz Deutschlan­d“, erzählt er. Sie lernten dann Konzentrat­ion – und Kopfrechne­n. „Wenn man Schüler heutzutage fragt, was drei mal neun ergibt, kommen viele ins Schleudern. Ein Skatspiele­r wird das ohne zu zögern beantworte­n können.“Natürlich konkurrier­e man gerade bei den jungen Leuten mit Sportarten wie Fußball. Aber selbst wer mit dem Skat aufhöre, komme irgendwann zurück, sagt Tripmaker. Allerdings: Die Mehrzahl der Spieler ist schon älter, das zeigt auch der Blick in die Menge der 298 Duos, die im Maritim antreten. Und auch mehr Frauen könnten es sein: 15 Prozent der mehr als 20.000 Mitglieder im Deutschen Skatverban­d sind weiblich, schätzt der Präsident.

Für ihn, der selbst leidenscha­ftlich gerne Skat spielt, gibt es keine bessere Sportart. „Man muss konzentrie­rt bleiben bei so einem Turnier, und das über Tage. Trotzdem ist es gesellig, man fachsimpel­t zusammen, hat Spaß“, sagt er und liegt mit Büten und Kollegen damit voll auf einer Linie. Büten hat derweil sein Ziel knapp verfehlt und es lediglich auf Platz 4 geschafft. Spaß gemacht hat es ihm trotzdem. Laura Ihme

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Sie schenken sich nichts – scherzen aber trotzdem miteinande­r: die Skatspiele­r Helmut Schulte, Hansi Eder, Roland Büten und Oliver Güthe (v.l.).

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