Rheinische Post

DÜSSELDORF Jedermann in der Kaiserpfal­z

Kulturell liegt in Düsseldorf einiges im Argen. Dabei wäre das Potenzial vorhanden: Ideen, helle Köpfe und Kulissen, daran hapert es nicht. Nur am wahren Willen der Stadt?

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Gerade in Salzburg gewesen. Wegen der Festspiele. „Jedermann“gesehen, klar – mit Tobias Moretti in der Hauptrolle und seiner Buhlschaft Stephanie Reinsperge­r. Ein großer Abend, auch wenn die Feuilleton­isten von FAZ und SZ das anders sehen. Die Stadt ist bis Ende August noch lebendiger als sonst.

Schnell tauchte die Frage auf: Wieso kriegt Düsseldorf so was nicht hin? Liegt es am kulturfern­en Oberbürger­meister, der für seine wenig kompetente­n Aussagen zur Zukunft des Schauspiel­hauses gerade eine „silberne Zitrone“erhielt? Sicher nicht nur, sein Vorgänger war da nicht besser – aber Thomas Geisel könnte natürlich, wenn es ihn denn interessie­rte, mal über ein wirklich nachhaltig­es Event nachdenken und, empfohlen (falls er das zulässt) von externen Fachleuten, auf den Weg bringen.

Statt Millionen zu verballern für ein törichtes Ding wie den Start der Tour de France (Man erinnert sich? Ein paar Wochen her!) wäre das gut angelegtes Geld. Ein Düsseldorf­Festival gibt es bereits, das jedoch von Jahr zu Jahr um seine Existenz kämpft, womöglich auch wegen eines meist sehr speziellen Pro- gramms, das wirklich breites (und wirtschaft­lich nötiges) Interesse kaum erreicht. Aber es könnte immerhin eine Basis sein.

Als das Kom(m)ödchen neulich seinen 70. Geburtstag feierte, da zeigte die Crew um Kay Lorentz und Christian Ehring, wie man mit leichter Hand Kultur zelebriert. Sönke Wortmann lockt derzeit im provisoris­chen Theater am Hauptbahnh­of mit einem lebensnahe­n „Willkommen“auf die Bühne, die Tonhalle zeigt immer wieder große Ideen bei neuen Wegen, um klassische Musik zu präsentier­en. Wir haben kleine Bühnen, eine rege Kulturszen­e in einigen Stadtteile­n. René Heinersdor­ff macht nicht nur Theater an der Kö, Nemo ist ein großartige­r Pantomime, und im Karneval gibt es tatsächlic­h immer mehr Leute, die wirklich Humor haben und pfiffige Visionen. Wir hätten Kulissen wie den Kö-Graben und Schloss Benrath, Burgplatz oder die Mauern der Kaiserpfal­z. Mit anderen Worten: Das Potenzial wäre da, einmal im Jahr (oder wie oft auch immer) ein Kulturkonz­entrat zu schaffen, das viele Menschen anlockt.

Salzburg macht es vor mit einem Buffet voller Leckereien für Augen und Ohren. Klassik vom Feinsten und von hohem Anspruch, aber auch populäre Stücke wie Aida (die Oper, nicht das Kreuzfahrt­schiff!), der Jedermann, Mozart allenthalb­en und einiges für Kinder – man will möglichst viele locken, ganz klar. Und es klappt.

Auf die Idee, ein der Stadt wesensfrem­des Sportspekt­akel zu kaufen, käme keiner. Aber man rennt ja auch nicht einem verstaubte­n und längst überholten Etikett wie „Sportstadt“hinterher.

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