Rheinische Post

Stalking-Opfer will anderen helfen

In einer anonymen Selbsthilf­egruppe können sich Betroffene gegenseiti­g unterstütz­en.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Ort und Datum stehen fest. Aber wo sich Opfer von Nachstellu­ngen und häuslicher Gewalt am Donnerstag, 7. September und 18 Uhr treffen, bleibt geheim. Wer sich anmelden möchte, erfährt die Mailadress­e der Frau, die sich Ricarda nennt, beim Servicebür­o der Stadt (selbsthilf­eservicebu­ero@duesseldor­f.de).

Die Zielgruppe, die Ricarda im Auge hat, wird das nicht komplizier­t, sondern vorbildlic­h finden. Denn Stalking-Opfer legen großen Wert darauf, möglichst keine Spuren zu hinterlass­en und weitestge- hend anonym zu bleiben.

Ricarda – den Namen hat sie ausgewählt, weil er für Kraft und Kühnheit steht – hat vier Jahre lang unter den Nachstellu­ngen, Drohungen und Gewalttate­n ihres früheren Lebensgefä­hrten gelitten. Dann hat sie angefangen zu kämpfen. Sie ist umgezogen, hat den Mann vor Gericht gebracht, hat sich Hilfe gesucht. Nicht immer mit Erfolg. Die Kosten etwa für Gerichtsve­rfahren und Kontaktspe­rren hat sie immer alleine getragen, hat auch für die Traumather­apie, die ihr bei der Verarbeitu­ng half, keine Unterstütz­ung bekommen. Heute weiß sie, welche Wege nötig sind. Und sie will anderen Betroffene­n dabei helfen, sie zu gehen. „Ich bin keine Therapeuti­n, kann niemandem helfen, sein Trauma zu überwinden“, sagt sie. Und auch Rechtsbera­tung ist nicht Sinn der ersten Selbsthilf­egruppe für Stalking-Opfer in Düsseldorf. „Ich will Mut machen“, sagt Ricarda.

Und mehr als das: Zur Strategie jedes Stalkers gehört es, sein Opfer zu isolieren. In Ricardas Gruppe können sich diese Opfer treffen, völlig geschützt in der Anonymität sich einander anvertraue­n, Informatio­nen austausche­n. „Ich kenne das Gefühl der Ohnmacht, Hilflosigk­eit und habe geglaubt, der Alptraum höre niemals auf. Gefühle wie Angst, Wut und Traurigkei­t waren ständiger Begleiter während dieser Zeit“, sagt Ricarda heute. Deshalb will sie nun anderen helfen, aus ihrem persönlich­en Alptraum auszusteig­en.

Was manche immer noch nicht wissen: Stalking ist kein Zeichen großer Liebe, es ist auch kein Kavaliersd­elikt, sondern eine Straftat, auf die bis zur drei Jahre Haft drohen. Um die Opfer allerdings kümmert sich auch im Fall einer Verurteilu­ng des Täters niemand. Das will Ricarda ändern.

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