Stalking-Opfer will anderen helfen
In einer anonymen Selbsthilfegruppe können sich Betroffene gegenseitig unterstützen.
Ort und Datum stehen fest. Aber wo sich Opfer von Nachstellungen und häuslicher Gewalt am Donnerstag, 7. September und 18 Uhr treffen, bleibt geheim. Wer sich anmelden möchte, erfährt die Mailadresse der Frau, die sich Ricarda nennt, beim Servicebüro der Stadt (selbsthilfeservicebuero@duesseldorf.de).
Die Zielgruppe, die Ricarda im Auge hat, wird das nicht kompliziert, sondern vorbildlich finden. Denn Stalking-Opfer legen großen Wert darauf, möglichst keine Spuren zu hinterlassen und weitestge- hend anonym zu bleiben.
Ricarda – den Namen hat sie ausgewählt, weil er für Kraft und Kühnheit steht – hat vier Jahre lang unter den Nachstellungen, Drohungen und Gewalttaten ihres früheren Lebensgefährten gelitten. Dann hat sie angefangen zu kämpfen. Sie ist umgezogen, hat den Mann vor Gericht gebracht, hat sich Hilfe gesucht. Nicht immer mit Erfolg. Die Kosten etwa für Gerichtsverfahren und Kontaktsperren hat sie immer alleine getragen, hat auch für die Traumatherapie, die ihr bei der Verarbeitung half, keine Unterstützung bekommen. Heute weiß sie, welche Wege nötig sind. Und sie will anderen Betroffenen dabei helfen, sie zu gehen. „Ich bin keine Therapeutin, kann niemandem helfen, sein Trauma zu überwinden“, sagt sie. Und auch Rechtsberatung ist nicht Sinn der ersten Selbsthilfegruppe für Stalking-Opfer in Düsseldorf. „Ich will Mut machen“, sagt Ricarda.
Und mehr als das: Zur Strategie jedes Stalkers gehört es, sein Opfer zu isolieren. In Ricardas Gruppe können sich diese Opfer treffen, völlig geschützt in der Anonymität sich einander anvertrauen, Informationen austauschen. „Ich kenne das Gefühl der Ohnmacht, Hilflosigkeit und habe geglaubt, der Alptraum höre niemals auf. Gefühle wie Angst, Wut und Traurigkeit waren ständiger Begleiter während dieser Zeit“, sagt Ricarda heute. Deshalb will sie nun anderen helfen, aus ihrem persönlichen Alptraum auszusteigen.
Was manche immer noch nicht wissen: Stalking ist kein Zeichen großer Liebe, es ist auch kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, auf die bis zur drei Jahre Haft drohen. Um die Opfer allerdings kümmert sich auch im Fall einer Verurteilung des Täters niemand. Das will Ricarda ändern.