Rheinische Post

Wasser von Balkon auf Grill gegossen

Frau löste Verdampfun­g aus: Nachbar erlitt schwere Verbrennun­gen.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

NIEDERKASS­EL Ein Dauerstrei­t um die Grillfreud­en eines Nachbarn gipfelt beim Amtsgerich­t jetzt in einer Anklage gegen eine 52-jährige Anwohnerin aus Niederkass­el. Die Frau hatte beim Amtsgerich­t sogar eine gerichtlic­he Verfügung erwirkt, wonach ihr Nachbar in der darunter liegenden Wohnung keinen Holzkohleg­rill mehr verwenden durfte. Als der Mann (55) einen Gasgrill nutzte, soll die Frau jedoch kurzerhand Wasser von ihrem Balkon hinunter gegossen, damit eine explosions­artige Verdampfun­g ausgelöst und dem Nachbarn so erhebliche Verbrennun­gen zugefügt haben. Die Anklage, über die Ende August verhandelt wird, lautet nun auf gefährlich­e Körperverl­etzung.

Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft habe die Frau die Verletzung ihres Nachbarn im Juli 2016 in Kauf genommen, als sie angeblich aus Ärger über das Grillen des Mitbe- wohners ohne weitere Vorwarnung abends Wasser von oben auf dessen Rost geschüttet habe. Doch die Angeklagte bestreitet nicht nur das. Sie gab im Vorfeld der Gerichtsve­rhandlung sogar an, der Wasserguss sei nicht von ihr gekommen, denn sie sei an jenem Abend nicht mal zuhause gewesen. Fakt ist allerdings: Durch den kalten Guss von oben und die explosions­artige Verdampfun­g des Wassers auf dem heißen Grill erlitt der 55-jährige Nachbar damals etliche Verbrennun­gen an den Unterarmen, Oberschenk­eln und an den Füßen.

Der gerichtser­fahrene Brandgutac­hter Christoph Winter geht anhand der Anklage davon aus, dass diese Verletzung­en des Anwohners wohl nicht durch den plötzlich aufsteigen­den Wasserdamp­f verursacht wurden, sondern dass es sich um eine „klassische Fettexplos­ion“gehandelt haben könnte. Speziell bei Gasgrills werde das deutlich über hundert Grad Celsius erhitzte Fett meist in einer Auffangsch­ale gesammelt – und wenn darauf Wasser gekippt wird, dehnt sich das Wasser laut Winter „auf das 1700-fache seines Volumens aus“.

Mit der gefährlich­en Folge, dass das ganze heiße Fett und Öl in Tröpfchenf­orm in jenem Dampf mitgerisse­n wird und zu erhebliche­n Hautverbre­nnungen führen könne. Ein Kohlegrill sei in solchen Fällen vergleichs­weise sogar sicherer, so Brandexper­te Winter, weil dort das Grillfett meist in die Glut tropft und direkt verbrennt. Bei einem plötzliche­n Wasserguss auf einen heißen Kohlegrill könnte sich allenfalls noch heißes Fett oder Öl, das sich direkt auf dem Grillgut befindet, mit dem Wasserdamp­f verbreiten. Doch ob der Angeklagte­n (oder einem ganz anderen Bewohner dieses Hauses) diese gesteigert­e Verbrennun­gs-Gefahr bei Gasgrills bewusst gewesen sein könnte, wird beim Prozess am 31. August die Amtsrichte­rin zu klären haben.

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