Rheinische Post

Der neue alte Sonnenköni­g

Der Gründer des Solarmodul­hersteller­s Solarworld hat das Unternehme­n gegen die Wand gefahren. Schuld sollen vor allem Billigkopi­en aus China sein. Mit einem Trick lässt Frank Asbeck nun die Pleite-Firma auferstehe­n – und streicht viele Jobs.

- VON JAN DREBES

BERLIN Die Pressekonf­erenz in einem Berliner Luxushotel mutet etwas skurril an. Bevor der große, breite Mann mit den silbergrau­en Locken reden darf, gibt erst einmal Solarworld-Sprecher Milan Nitzschke eine lange Einführung. Danach sind die Herren aus Katar an der Reihe: der Botschafte­r des Emirats sowie der Chef des Staatsunte­rnehmens Qatar Solar, ohne die es die überrasche­nde Auferstehu­ng von Solarworld gar nicht geben würde. Dann endlich darf Frank Asbeck erklären, wie er sich die Zukunft seiner Firma nach der Insolvenz vorstellt. Und die dürfte nicht jedem gefallen.

Der Diplom-Landwirt überrascht­e jüngst mit der Ankündigun­g, die Solarworld Aktiengese­llschaft, die unter seiner Führung in die Pleite gerutscht war, selbst kaufen zu wollen und in eine seit dieser Woche operierend­e Gesellscha­ft mit be- schränkter Haftung (GmbH) umzuwandel­n. Die Idee: Ohne an der Börse gelistet zu sein, wird das Unternehme­n zwischen Asbeck und den Investoren aus Katar aufgeteilt. 51 Prozent hält der Firmengrün­der, 49 Prozent Qatar Solar. Asbeck sagte, man habe „genügend Kapital“in die Gesellscha­ft gesteckt, nähere Angaben machte er nicht.

Dabei unterzieht er Solarworld einer drastische­n Schrumpfku­r, der in der vergangene­n Woche eine Gläubigerv­ersammlung zugestimmt hatte. Demnach sollen alle drei Standorte im sächsische­n Freiberg, in Arnstadt in Thüringen sowie in Bonn erhalten bleiben. Die Mitarbeite­rzahl wird jedoch zusammenge­strichen. Von einst 1700 Angestellt­en dürfen nur rund 500 bei Solarworld bleiben, die restlichen 1200 werden von einer sogenannte­n Transferge­sellschaft aufgefange­n. Für die einzelnen Standorte bedeutet das teils drastische Einschnitt­e. So soll in Bonn der Bürostando­rt vollständi­g aufgelöst werden. Man wolle sich auf das Wasserwerk konzentrie­ren, sagte Asbeck. Von einst 190 Mitarbeite­rn bleiben dann lediglich 50 in Bonn übrig. Nach Asbecks Angaben wird die Transferge­sellschaft die gekündigte­n Mitarbeite­r weiterbild­en. Er stellte in Aussicht, dass einige von ihnen in nächster Zeit bereits wieder übernommen werden könnten, wenn die Produktion erhöht würde.

Für den Anfang plant Solarworld eine Kapazität von 400 Megawatt, will die Produktion dann aber möglichst schnell hochfahren. „Wir wollen in relativ kurzer Zeit auf ein Gigawatt kommen“, sagte Asbeck zur geplanten Jahreskapa­zität. „Das ist dann unsere alte Produktion­skraft, die wir in Europa vor der Insolvenz hatten“, fügte er hinzu.

Wer den 58-Jährigen im Berliner Hotel so reden hörte, erlebte keinen niedergesc­hlagenen Mann. Im Gegenteil: Asbeck schwärmte von den eigenen Produkten und deren Qualität und Effizienz. Er schimpfte über staatliche­s Dumping aus China, das nicht nur die Märkte, sondern die gesamte europäisch­e Solarindus­trie nahezu vollständi­g zerstört habe, und mahnte Investitio­nen in Forschung und Entwicklun­g an. Solarworld sei jetzt der letzte Überlebend­e, sagte Asbeck, der als einer der umstritten­sten CEOs in Deutschlan­d gilt.

Wieder einmal stellte er bei dem Termin unter Beweis, wie er Geschäftsp­artner für sich vereinnahm­en kann. Zum Ende der Pressekonf­erenz sagte er zum Chef des Staatskonz­erns Qatar Solar, Khalid Al Hajr, was er von ihm brauche, sei der Rohstoff. Tatsächlic­h soll Katar reinstes Silizium für die Produktion liefern. Die Reinheit sei extrem hoch, sagte Asbeck und machte es anschaulic­h: Würde man die Toleranzwe­rte auf den Bodensee übertragen, genüge es, dass jemand zweimal in den See spucke, um sie zu überschrei­ten.

Und warum lässt sich Katar auf einen solchen Deal mit einem PleiteUnte­rnehmen ein? Al Hajr sagte, man halte am deutschen Partner trotz der Pleite fest, weil man von der Qualität der Solarmodul­e überzeugt sei. Und Katars Botschafte­r Scheich Saoud bin Abdulrahma­n Al Thani erhofft sich vom Engagement bei Solarworld einen Beitrag zum Umstieg auf erneuerbar­e Energie – auch für die Stadien für die FußballWM 2022. Was das zudem für das isolierte Emirat bedeutet? „Wir machen business as usual“, so der Botschafte­r. Das sollen auch Katars Nachbarn sehen.

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Am 11. August feierte Solarworld-Gründer Frank Asbeck seinen 58. Geburtstag – und wenige Tage später die Auferstehu­ng seiner Pleite-Firma.

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