Rheinische Post

Mein Leben in der Studenten-WG

Seit Kurzem wohnt unser Autor in einer Wohngemein­schaft mitten in der Stadt. Der Weg dahin war alles andere als einfach.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

In letzter Zeit türmt sich leider manchmal das schmutzige Geschirr in der Küche. Denn der Geschirrsp­üler, der wichtigste Helfer des alltäglich­en Lebens in meiner Wohngemein­schaft, quittierte jüngst seinen Dienst. Seitdem regelt ein unausgespr­ochenes Abkommen die Ordnung: Alle paar Tagen erbarmt sich ein WG-Bewohner und widmet sich der lästigen Handarbeit. Dass das dennoch kaum Unstimmigk­eiten im Zusammenle­ben hervorruft, ist nicht unbedingt Usus in Studentenw­ohnungen. Dass wir überhaupt den Luxus eines Geschirrsp­ülers genossen, erst recht nicht.

Zu verdanken haben wir das der Oma meines Mitbewohne­rs Maik Lutz. Sie schenkte ihrem Enkel das komplette Interieur von Küche und Wohnzimmer ihrer Neusser Wohnung, ehe sie in ein Altenheim zog. Damit legte sie den Grundstein für unsere gemütliche, etwas altertümli­che Wohnung. Gleichzeit­ig half sie ihrem Enkel damit aus einer absoluten Notlage. Denn zwei Wochen vor Semesterst­art hatte der Politikstu­dent noch immer keine Bleibe gefunden. „Mit Erhalt der Zusage zum Studienpla­tz im Juli war ich quasi jede Woche in Düsseldorf auf Wohnungssu­che. In dieser Zeit war ich bei über zwanzig Besichtigu­ngstermine­n, größtentei­ls in bestehende­n Wohngemein­schaften“, sagt Lutz. Diese Besichtigu­ngen fanden aufgrund des Andrangs meist in Gruppen von bis zu zwölf Personen statt, ein richtiges Kennenlern­en war da kaum möglich. „Das war eher wie ein Vorstellun­gsgespräch für einen Job.“

Der letzte Ausweg, um das Pendeln aus dem 120 Kilometer entfernten Vehlingen zu verhindern, war sein Aufruf zur Neugründun­g einer Wohngemein­schaft auf Facebook. Dadurch waren die Chancen größer, eine bezahlbare Wohnung zu finden, da Miete und Einzugskos­ten geteilt wurden. Im Nachhinein ein Glücksfall: Die für Studenten ideale Lage der gefundenen Wohnung in Stadtmitte passte, ebenso lief es mit dem Miteinande­r der Bewohner sogleich gut. Als Bonus gab es zwei kostenfrei­e Monatsmiet­en obendrauf – allerdings wegen des enormen Renovierun­gsbedarfs. Da alle frisch aus dem Elternhaus kamen, stellte die Erneuerung der maroden Küchenrohr­e oder das Entfernen des Schimmelbe­falls im Bad zunächst eine ziemliche Herausford­erung dar. Angesichts der zeitlichen Not und der 100 Quadratmet­er an Wohnraum war das aber ein gern gezahlter Preis.

Das Beispiel von Lutz verdeutlic­ht die Probleme vieler nach Düsseldorf ziehenden Studenten, bezahlbare­n Wohnraum zu finden. Zwar bietet das Studentenw­erk rund 4000 Wohnheimpl­ätze an – darauf bewarben sich allein im Jahr 2016 beispielsw­eise 6000 Studenten. „Das Problem ist die Miete“, sagt Lutz. Laut aktuellem Mietspiege­l liegt der Quadratmet­erpreis in den Studenten-Vierteln zwischen neun und elf Euro. Da reicht selbst der höchste Bafög-Satz meist nicht, um ein kleines Ein-Zimmer-Appartemen­t zu finanziere­n. Um überhaupt Anspruch auf Bafög stellen zu können, müssen Studenten eine ganze Menge Kriterien erfüllen. Diese beziehen zum Beispiel den familiären Hintergrun­d oder finanziell­en Status der Eltern mit ein. Für Einzelkind­er ist es besonders schwer, Geld zu erhalten, es sei denn, die Eltern sind Geringverd­iener.

Aber auch mit Bafög ist ein Studium ohne elterliche Unterstütz­ung fast nicht zu stemmen. Aus diesem Grund bin ich auch äußerst dankbar über die Zuwendung meiner Eltern, die mir das Leben in Düsseldorf ermöglicht. Geknüpft ist diese Hilfe dabei jedoch an die Bedingung, immer einen Nebenjob inne zu haben.

Wer wie Psychologi­estudentin Sophie Scherzer aber zusätzlich zum Studium noch viel von ihrer Freizeit in der Bibliothek verbringen muss, der kann nur noch auf Fördermitt­el hoffen. Ihr Stipendium der „Studiensti­ftung des deutschen Volkes“ist an Leistungsk­riterien gebunden. Gehört sie nach vier Semestern nicht zu den besten zehn Prozent ihres Studiengan­gs, werden die Zahlungen eingestell­t. Für solch ein intensives Studium wie Psychologi­e braucht man einen festen Rückzugsor­t, den sie vor dieser WG lange nicht hatte. „Die ersten Semester musste ich alle paar Monate umziehen, weil ich nur zur Zwischenmi­ete etwas fand“, sagt Scherzer. In der jetzigen Wohnkonste­llation kann sie sich nun voll auf ihren Bachelor of Science konzentrie­ren. Zwischenze­itlich pendelte die gebürtige Bayerin sogar aus Mönchengla­dbach zur Uni. Wie übrigens auch ein Großteil der mehr als 30.000 Studenten der Heine-Uni.

Fernab der allgemeine­n, studentisc­hen Probleme wie Bafög-Bürokratie, Leistungsd­ruck oder kaputten Spülmaschi­nen ist unser Zusammenle­ben als Wohngemein­schaft ideal. Nicht nur, dass wir uns gegenseiti­g beim Studium unterstütz­en, etwa wenn mal eine Hausarbeit korrigiert oder ein Buch aus der Bibliothek mitgebrach­t werden soll. Besonders gut lässt es sich auch zusammen abends bei einem Bier im gemütliche­n Wohnzimmer abschalten. Oder wenn der Mitbewohne­r überrasche­nd für die anderen mitgekocht hat. Da fällt der Abwasch auch nach einem langen Arbeitstag leichter.

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 ??  ?? Unser Autor Christophe­r Trinks (Mitte) mit seinen Mitbewohne­rn Maik Lutz und Sophie Scherzer bei der gemeinsame­n Essensvorb­ereitung.
Unser Autor Christophe­r Trinks (Mitte) mit seinen Mitbewohne­rn Maik Lutz und Sophie Scherzer bei der gemeinsame­n Essensvorb­ereitung.
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