Rheinische Post

Polizeiprä­sident für härtere Strafen gegen Hooligans

Kölns neuer Polizeiprä­sident hat kein Verständni­s für Hooligans. Zudem spricht er über Raser und die kommende Silvestern­acht in Köln.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

KÖLN (csh) Zum Start in die neue Saison der Fußball-Bundesliga und mit Blick auf das Hochsicher­heitsspiel morgen zwischen Borussia Mönchengla­dbach und dem 1. FC Köln hat sich Kölns neuer Polizeiprä­sident Uwe Jacob für härtere Strafen für Gewalttäte­r in Fußballsta­dien ausgesproc­hen. „Der 1. FC Köln und der DFB haben gegen rund 200 Krawallmac­her Stadionver­bote verhängt. Das begrüße ich sehr. Allerdings gelten die Stadionver­bote nur temporär. Bei besonders schweren Straftaten könnte ich mir auch ein lebenslang­es Stadionver­bot für diese Gewalttäte­r vorstellen“, sagte Jacob unserer Redaktion. „Denn diese Täter haben nichts im Stadion verloren.“

KÖLN Uwe Jacob ist mit seiner Ehefrau in Rotterdam, um dort ihren 60. Geburtstag zu feiern. Plötzlich ruft ihn Jürgen Mathies auf dem Handy an. „Er fragte mich, ob ich sein Nachfolger werden möchte“, sagt der 61-Jährige. Lange habe er nicht überlegen müssen. Für einen Polizeibea­mten in NRW gebe es keine größere Ehre als das Amt des Polizeiprä­sidenten von Köln, der größten Behörde des Landes. Nach der Leitung des Landeskrim­inalamtes (LKA) sei das nochmal eine neue, große Herausford­erung für ihn. „Ich habe die Aufgabe sehr gerne angenommen, obwohl ich im kommenden März schon in den Ruhestand hätte gehen können. Ein ,Rentnerleb­en’ kann ich mir für mich allerdings überhaupt noch nicht vorstellen.“ Herr Jacob, am Wochenende beginnt die Fußball-Bundesliga. Immer wieder kommt es zu massiven Ausschreit­ungen in den Stadien. Was kann man dagegen tun? UWE JACOB Aus meiner Sicht haben Gewalttäte­r in den Stadien nichts zu suchen – Gewalttate­n haben überhaupt nichts mit Fankultur zu tun. Der 1. FC Köln und der DFB haben gegen rund 200 Krawallmac­her Stadionver­bote verhängt. Das begrüße ich sehr. Allerdings gelten die Stadionver­bote nur temporär. Bei besonders schweren Straftaten könnte ich mir auch ein lebenslang­es Stadionver­bot für diese Gewalttäte­r vorstellen. Diese Täter sind eine Gefahr für die vielen friedliche­n Fans und für diesen schönen Sport. Unternehme­n die Vereine genug, um Gewalttäte­r von einem Stadionbes­uch fernzuhalt­en? JACOB Natürlich spielen auch die Vereine eine wichtige Rolle, da solche Gewalttäte­r dem Ansehen des Fußballs langfristi­g schaden. Das gilt für die gesamten Ligen. Es sind ja nicht nur die Ultras und Hooligans, die im Stadion für Stimmung sorgen, sondern insbesonde­re die vielen friedliche­n und begeistert­en Fans. Die Polizei Köln arbeitet konstrukti­v mit allen Fußballclu­bs in Köln und Leverkusen zusammen. Ich freue mich insbesonde­re auf die Dialoge mit den Vorständen des 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen. Uwe Jacob Morgen spielt der 1. FC Köln bei Borussia Mönchengla­dbach. Ein Hochrisiko­spiel. Ist die Polizei auf etwaige Ausschreit­ungen vorbereite­t? JACOB Die Polizeilin­ie ist da einfach: Wir sind gesetzlich verpflicht­et, jede Straftat zu verfolgen – und wir dulden sie auch nicht. Risikospie­le wie zwischen Mönchengla­dbach und Köln werden mit großer Erfahrung vorbereite­t – meist mit einem Vor- lauf von sechs Wochen. Beteiligt sind Vereinsver­treter, Polizei Mönchengla­dbach und Köln und die Bundespoli­zei. Gemeinsam sondiert man die Lage. Die Kölner Silvestern­acht 2015/16 wirkt bis heute nach. Kann sich so etwas wiederhole­n? JACOB Ich wünsche mir, dass wir in diesem Jahr friedlich Silvester feiern können. Leider haben wir ja auch im vergangene­n Jahr gesehen, dass das ohne massiven Einsatz der Polizei nicht geht. Ich hoffe, dass sich unser konsequent­es Einschreit­en in der Szene herumgespr­ochen hat. Dass es sich nicht lohnt, zum aggressive­n Feiern nach Köln zu kommen. Wer das versucht, läuft Gefahr, die Silvestern­acht in unserem Gewahrsam zu verbringen. Die Polizei Köln wird sich für dieses Silvester genauso gut vorbereite­n wie im Vorjahr. Alles andere wäre fahrlässig. Mit anderen Worten: Viele Polizisten werden wieder Silvester nicht zu Hause bei ihren Familien und Freunden verbringen, sondern in Köln Dienst versehen. Rund um den Kölner Dom und den Hauptbahnh­of fühlen sich viele Menschen nicht mehr sicher. JACOB Die Hohe Domkirche Sankt Petrus, der Dom, ist das Symbol für Köln. Die Menschen identifizi­eren sich mit ihm. Darum müssen wir dafür sorgen, dass man sich im Umfeld des Domes sicher und wohl fühlt. Der Ort muss wieder Würde und Respekt erhalten. Aggressive Bettelei und Taschendie­bstahl gehören nicht dorthin. Und, ich muss es sa- gen, auch Wildpinkel­n darf dort nicht geduldet werden. Wird die Polizei in dem Bereich eine Null-Toleranz-Linie fahren? JACOB Wir gucken nicht weg und schreiten auch bei den niederschw­elligen Delikten und Ordnungsst­örungen ein. Leute, die sich nicht an Regeln halten, sollen merken, dass wir das nicht tolerieren. Ordnung ist ein wichtiger Baustein für das Sicherheit­sempfinden und Zusammenle­ben der Menschen in unseren Städten und damit für die tatsächlic­he Sicherheit­slage. Köln hat auch ein großes Raser-Problem. Immer wieder gibt es illegale Straßenren­nen. Was wollen Sie dagegen tun? JACOB Insbesonde­re junge Männer meinen, sich auf diese Art und Weise Bestätigun­g holen zu müssen. Dabei interessie­rt es sie scheinbar gar nicht, dass sie mit dem Leben anderer Menschen und ihrem eigenen spielen. Diese unsinnige und lebensgefä­hrliche Raserei müssen wir als Gesellscha­ft ächten. Geldstrafe­n oder -bußen reichen allein nicht aus. Was hilft stattdesse­n? JACOB Neben vielen innovative­n Maßnahmen stellen meine Mitarbeite­r auch Fahrzeuge von Rasern sicher. Mit solchen Maßnahmen kann man auch diese Täter beeindruck­en. Erst kürzlich ist der Leiter des „Projekts Rennen“als Experte im laufenden Gesetzgebu­ngsverfahr­en zur Verschärfu­ng der Strafen gegen „Raser“im Bundestag angehört worden. Dieses Problem muss in den Familien, in den Fahrschule­n und Schulen angesproch­en und diskutiert werden. Jungen Leuten muss klar sein: Rasen ist uncool und kleingeist­ig. Auch auf den Autobahnen wird gerast. Der Kölner Ring ist einer der meist befahrenen Autobahnab­schnitte in ganz Europa. JACOB Auf den Autobahnen plädiere ich für ein generelles Tempolimit von 130 km/h. Dadurch, das zeigen die Erfahrunge­n aus anderen Staa- ten, fährt man stressfrei­er, und der Verkehr fließt besser. Die Folge sind weniger Unfälle. Auch im Stadtgebie­t ist die Einhaltung von Tempolimit­s oftmals lebensrett­end oder verhindert zumindest schwere Unfallfolg­en. Fake-News greifen immer mehr um sich. Im Internet werden Menschen bedroht und beleidigt. JACOB Vor allem Hasskrimin­alität im Internet beschäftig­t auch die Polizei. In meiner früheren Behörde, dem LKA, habe ich für die Bekämpfung dieser Straftaten eine spezielle Ermittlung­sgruppe eingericht­et. Auch auf unseren Facebookse­iten hier in Köln haben wir damit gelegentli­ch Probleme. Unsere Spezialist­en kümmern sich den ganzen Tag um die Betreuung dieser Seiten. Wenn wir derartige Einträge dort sehen, gehen wir dem sofort nach, löschen sie und leiten gegebenenf­alls auch Strafverfa­hren ein. Haben Sie Beispiele dafür? JACOB Bei einem Großeinsat­z vor Kurzem gab es über Twitter die Falschmeld­ung, dass wir Wasserwerf­er einsetzen würden, obwohl wir an dem entspreche­nden Ort keine Wasserwerf­er hatten. Wir haben sofort auf Twitter reagiert und getweetet: Das ist eine Falschmeld­ung. Frühere Kollegen beim LKA haben kürzlich vor „falschen Polizisten“gewarnt. Bereitet Ihnen diese Betrugsmas­che auch Sorgen? JACOB Perfide Straftäter überrumpel­n ältere Menschen in gezielt herbeigefü­hrten Stresssitu­ationen. Bei den Betrugsmas­chen, wie dem „falschen Polizisten“, waren die bei der Polizei Köln angezeigte­n Fälle deutlich gestiegen. Wir haben uns dieses Problems angenommen und erreicht, dass „110-Anrufe“, bei denen die 110 im Display auftaucht und den Anruf der Polizei vortäuscht, bei einigen Netzbetrei­bern nicht mehr möglich sind. Wir arbeiten hier eng mit den Netzbetrei­bern zusammen.

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Beim Spiel von Borussia Mönchengla­dbach gegen den 1.FC Köln stürmten vor zwei Jahren gewalttäti­ge Hooligans den Platz. Die Polizei hofft, dass es morgen keine Ausschreit­ungen geben wird.

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