Rheinische Post

Beim HSV fängt’s schon wieder gut an

Investor Kühne kritisiert Trainer Gisdol, den Vereinsvor­stand und Sportdirek­tor Todt.

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HAMBURG (dpa) Vor dem Duell der im Pokal blamierten Bundesligi­sten HSV und FC Augsburg herrscht in Hamburg eine aufgeheizt­e Stimmung. In einem Sky-Interview, das in drei Teilen an drei aufeinande­r folgenden Tagen ausgestrah­lt wurde, hat HSV-Investor Klaus-Michael Kühne zunächst Trainer Markus Gisdol, dann die Vereinsspi­tze und zuletzt Sportchef Jens Todt attackiert. Damit herrscht schon vor dem ersten Anstoß in der Liga gewaltige Unruhe bei dem seit Jahren gegen den Abstieg kämpfenden Nordclub. Der kann sich nur bedingt wehren gegen den Investor, der 17 Prozent der Anteile an der HSV Fußball-AG hält.

Dafür sprang der ehemalige Bundesliga-Profi Hans Sarpei mit deutlichen Worten in die Bresche. „Lieber Herr Kühne, Sie sind das Problem des HSV“, schrieb Sarpei dem Milliardär in einem offenen Brief, den die „Bild“-Zeitung veröffentl­ichte. „Es ist eine Schande, wie es Ihnen Jahr für Jahr gelingt, vor dem Saisonstar­t den HSV-Trainer oder die Führung zu degradiere­n“, betonte Ghanas Ex-Nationalsp­ieler und riet dem 80-Jährigen dringend: „Ziehen Sie sich zurück.“

In einem Rundumschl­ag hatte der Aktionär Kühne für Aufsehen gesorgt. Der Investor knöpfte sich Trainer, Manager und Vereinsfüh­rung vor und erklärte, was sie zu tun hätten, aber stets unterließe­n. Gisdol müsse „mehr mit der Mannschaft arbeiten“, Klubchef Heribert Bruchhagen sei „auf der falschen Chaussee“, und Sportchef Jens Todt könne nicht gut verkaufen. Da habe er „einiges zu beanstande­n“, monierte Kühne.

Das kommt dem Beobachter bekannt vor. Kühne-Vorstöße hatten sich schon gegen die einstigen Trainer Mirko Slomka und Bruno Labbadia sowie Sportdirek­tor Oliver Kreuzer gerichtet. Kurze Zeit später waren sie alle weg. Paradox: Ein Verein, der um Ruhe und Kontinuitä­t auf den entscheide­nden Posten geradezu fleht, schaufelt sich seine Gruben selbst, in die er regelmäßig stürzt. Fatal ist, dass es zu den Kühne-Finanzen keine Alternativ­e gibt. Bislang dürfte er rund 50 Millionen Euro in den Verein gesteckt haben.

Gisdol und Bruchhagen bewahren bei den Vorstößen des Investors Haltung, wohl wissend, dass sie den größten Geldgeber des HSV nicht verärgern dürfen. „Das finde ich gar nicht schlimm. Ich verstehe seine Sorgen“, sagte Gisdol. Bruchhagen merkte zumindest an, dass sich Kühne „nicht alle Dinge“darstellen würden, die man beachten müsse. Wenn sie dürften, wie sie wollten, würden sich die Antworten wohl anders anhören.

In dieser wenig motivieren­den Atmosphäre soll die Mannschaft mit einem Sieg gegen Augsburg zur Beruhigung der Lage beitragen. „Wir werden am Samstag eine andere Mannschaft auf dem Platz sehen“, versichert­e Gisdol. Gemeint sind aber nicht andere Gesichter, sondern die Einstellun­g des Teams. Gisdol, der am Montag Konsequenz­en angekündig­t hatte, diese Ansage später aber relativier­te, wunderte sich über den öffentlich­en Aufschrei nach der 1:3-Pokal-Pleite beim Drittligis­ten Osnabrück, der fast 70 Minuten in Unterzahl spielte.

„Die Dynamik nach einer Niederlage ist schon einzigarti­g“, sagte er und formuliert­e an seinem 48. Geburtstag einen Wunsch: „dass wir den Pessimismu­s, der sich stark mit unserem Klub verbunden hat, loswerden.“Stattdesse­n forderte er „Zuversicht und Freude mit mehr Lächeln“. Derzeit ist den HSV-Fans das Lachen aber vergangen. Der seit Jahren anhaltende Abwärtstre­nd scheint kein Ende nehmen zu wollen, schon wieder ist die Stimmung im Keller. Seit vier Jahren spielt das Team gegen den Abstieg. Im Wesentlich­en kicken auch in dieser Saison die, die im Vorjahr der Relegation gerade so entkommen konnten. Die Neuen Rick van Drongelen und André Hahn haben Talent, müssen aber erst beweisen, dass sie Verstärkun­gen sind.

Ein Auftakterf­olg gelang letztmals vor sieben Jahren. Damals wurde Schalke mit 2:1 besiegt. Augsburg wartet in seiner siebenjähr­igen Zugehörigk­eit zur Eliteliga sogar noch immer auf den ersten Start-Erfolg. In den vergangene­n fünf Jahren setzte es nur Niederlage­n.

 ??  ?? Begeisteru­ng sieht anders aus: HSV-Sportchef Jens Todt (li.) und Trainer Markus Gisdol (ganz rechts) bei der Pokalniede­rlage in Osnabrück.
Begeisteru­ng sieht anders aus: HSV-Sportchef Jens Todt (li.) und Trainer Markus Gisdol (ganz rechts) bei der Pokalniede­rlage in Osnabrück.

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