Rheinische Post

Reise ins Ungewisse

In Amstelveen findet die Feldhockey-EM der Damen und Herren statt. Das deutsche Männerteam befindet sich im Umbruch. Das Leistungsn­iveau ist schwer einzuschät­zen – auch für den zweimalige­n Weltmeiste­r Philipp Crone.

- VON PATRICK SCHERER

AMSTELVEEN/DÜSSELDORF Nur einen Steinwurf vom Amsterdame­r Flughafen Schiphol entfernt steht das Wagener Hockeystad­ion – inklusive neuer, schmucker Haupttribü­ne. Dort, in Amstelveen, kämpfen die deutschen Feldhockey-Nationalma­nnschaften bei den Europameis­terschafte­n der Herren und Damen um den Einzug in die Finalspiel­e am 27. August. Einer, der weiß, wie Titel zu gewinnen sind, ist Philipp Crone. 2002 und 2006 gewann der heute 40-Jährige die WM mit dem deutschen Team.

Crone hat sich in Amstelveen bereits umgeschaut. „Sieht aus wie ein kleines, stimmungsv­olles Fußballsta­dion“, sagt er. „Es ist bestimmt geil, dort zu spielen.“Für ihn hängt alles davon ab, wie sich die jungen Spieler ins Team einfügen und mit dem Druck umgehen. „Ich hoffe natürlich auf den Titelgewin­n. Wenn die neuen Jungen nervös werden, wird es vielleicht schwierig. Aber wenn sie sich vom ersten Gruppenspi­el an steigern, ist mindestens das Halbfinale drin“, sagt Crone. Er berichtet als Kommentato­r für den TVSender Sport 1 von den deutschen Spielen. Morgen geht es mit der Partie gegen Irland (15.30 Uhr) los. Damen-Bundestrai­ner Jamilon Mülders startet mit seiner Auswahl bereits heute gegen Schottland (10.15).

Die große Frage lautet: Welches Leistungsn­iveau hat das Team von Herren-Bundestrai­ner Stefan Kermas? Beim Turnier in der Vorwoche verlor Deutschlan­d drei Mal: gegen Gastgeber Spanien (2:3), gegen England (0:3) und gegen die Niederland­e (1:7). „Ich würde das nicht überbewert­en. Das Wichtigste ist, dass die Pflicht in diesem Jahr schon erfüllt ist“, sagt Crone. Er meint damit die Qualifikat­ion für die WM 2018, die im Juli bei der World League in Johannesbu­rg geschafft wurde.

Wie immer im Jahr nach Olympische­n Spielen befindet sich das Nationalte­am im Umbruch. Für Crone ist der Kader gut zusammenge­stellt. „Ich würde mir wünschen, dass Timm Herzbruch, Tom Grambusch oder Timur Oruz dabei sein könnten. Aber sie sind eben verletzt“, sagt der gebürtige Kölner. Dafür kehrte der 29-jährige Tobias Hauke zurück, der das Team führen soll.

„So genau weiß keiner, wo das deutsche Hockey derzeit steht“, sagt Crone. Die Zeit der wahnsinnig guten Jahrgänge, die 2008 und 2012 mit Trainer Markus Weise olympische­s Gold gewann, ist vorbei. Andere Nationen haben aufgeholt. Belgien etwa. „Zu meiner Zeit haben wir, glaube ich, nicht ein einziges Mal gegen Belgien verloren. Jetzt gehören sie zum Topfavorit­en-Kreis neben den Niederland­en. Auch Irland hat einen enormen Schritt gemacht“, sagt Crone.

Der Hockey-Abteilungs­leiter von Rot-Weiß München sieht in seiner Amateurspo­rtart noch viel Luft nach oben, was profession­ellere Strukturen angeht. Er will aber nicht über die Sportförde­rung für Hockey im Speziellen jammern. „Ich habe mich mit Markus Weise, Bernhard Peters und vielen anderen ausgetausc­ht. Wir alle sind der Meinung, dass der Sport generell mehr gefördert werden muss, um die gesellscha­ftliche Entwicklun­g und den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt in Deutschlan­d auf die nächsten Jahrzehnte zu gewährleis­ten“, sagt Crone, der 349 Länderspie­le absolviert­e. „Es wäre zudem ein Muss, dass der Fußball dann noch ein paar Millionen Euro von den 222, die da gerade wieder irgendwo herumgeflo­gen sind, abgibt.“

 ??  ?? 18. August 2016, Rio de Janeiro: Der niederländ­ische Torhüter Jaap Stockmann ist geschlagen, Tobias Hauke jubelt, nachdem er im Penaltysch­ießen getroffen hatte und sich über die olympische Bronzemeda­ille freuen konnte.
18. August 2016, Rio de Janeiro: Der niederländ­ische Torhüter Jaap Stockmann ist geschlagen, Tobias Hauke jubelt, nachdem er im Penaltysch­ießen getroffen hatte und sich über die olympische Bronzemeda­ille freuen konnte.

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