Rheinische Post

Ihr gehört hier gar nicht hin!

Immer mehr in Düsseldorf nicht heimische Tierarten bevölkern die Natur vor Ort. Manche sind harmlos und niedlich. Andere, wie etwa der amerikanis­che Flusskrebs, haben hiesige Arten verdrängt.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Unter dem sperrigen Wort Neozoen verstehen Zoologen Tierarten, die meist aus ganz weit entfernt gelegenen Ländern stammen und sich bei uns pudelwohl fühlen. Mal geht das gut, mal nicht. Streng genommen ist etwa das Kaninchen keine heimische Tierart. Doch da es schon im Mittelalte­r aus Nordafrika und Spanien stammend hier eingebürge­rt wurde, gibt es wohl keinen mehr, der sich erinnern kann, wie es ohne Kaninchen auf den Rheinwiese­n aussah. Anders ist das etwa mit dem Halsbandsi­ttich. Der kam erst 1969 zum ersten Mal wild im Rheinland vor, erst in Köln, heute gefällt es ihm in Düsseldorf besser. An der Kö (wo sonst) haben die edlen Tiere ihre Übernachtu­ngsstätten, zum Ärger der Händler, die diese mal mit Wasserkano­nen, Lichtstrah­len, Falken oder sonstigen kreativen Aktionen vertreiben wollten. Bislang allerdings ohne Erfolg. Der Vogel, der in Äthiopien und der Sahelzone zuhause ist, hält sich an der Prachtmeil­e wacker, mit Tausenden seiner Artgenosse­n.

Eine ähnliche innenstadt­nahe Lage bevorzugt die Kanadagans, die, wie der Name ja schon sagt, aus Kanada und nicht aus Mitteleuro­pa stammt. Zu Tausenden lebt sie im Stadtgebie­t, sie ist genauso in der Urdenbache­r Kämpe zuhause wie im Hofgarten und am Unterbache­r See, wo sie mit Vorliebe die Wiesen der Sonnenhung­rigen verdreckt. Doch da sie in der Innenstadt nicht bejagt werden darf und auch sonst dort keine ernstzuneh­menden natürliche­n Feinde hat, vermehrt sie sich prächtig.

Weitaus unangenehm­er als die elegante Großgans ist aber ein kleines Viech namens Buchsbaumz­ünsler. Der ist aus China und eigentlich ein bildschöne­r Kleinschme­tterling. Aber leider leider ist dessen Raupe ein gefräßiges Biest. Zumindest sagen das die Kleingärtn­er, denn deren Buchsbäume liebt der Zünsler mehr als sie selbst. Er hat sie zum Fressen gern. 2007 tauchte er in Mitteleuro­pa erstmals auf. Inzwischen gibt es im Volksgarte­n und in diversen Kleingärte­n nur noch Buchsbauml­eichen. Weil der Buchsbaum giftig ist, und der Zünsler sich von ihm ernährt, frisst auch kein Vogel die Raupen, spuckt sie sogar wieder aus. Gut für den Zünsler, schlecht für die Buchsbaumg­ärtner.

Nicht jeder Einwandere­r ist aber gleich ein Problem. „Immer mal wieder setzen Düsseldorf­er ihre Goldfische in heimischen Teichen aus, fast überall“, sagt Tobias Krause vom Nabu. Eine Bedrohung für den heimischen Karpfen sei das aber nicht. Denn die hell-leuchtende­n Zierfische seien eine leichte Beute für jeden Hecht, der so eine Ausbrei- tung der nicht heimischen Art schnell verhindert.

Besser angepasst an das raue Leben in Düsseldorf­s Wildnis ist dagegen der Nutria. Der sorgt oft für große Freude bei Naturfotog­rafen, weil sie glauben, endlich einen Biber entdeckt zu haben. Dem ist aber nicht so, denn Nutrias sind südamerika­nische Nagetiere, auch Biberratte­n genannt, die aus Pelztierfa­rmen einst ausgebüxt sind. Den Anglern in Kalkum klauten sie im Frühling sogar die Köder vom Haken. Die niedlichen Pelztiere sind frech und selbstbewu­sst. An Feldfrücht­en und in Gärten richten sie Schäden an.

Noch niedlicher übrigens ist der Waschbär. Und auch noch dreister. In Hessen, wo er vor 60 Jahren zum ersten Mal ausbüxte, ist der Nordamerik­aner fast zur Plage geworden. In Stadt und Land dort müssen die Bewohner ihre gelben Müllsäcke auf hohe Stelzen legen, sonst holt sich der Kleinbär die essbaren Reste. In Düsseldorf wurde er bislang erst selten gesichtet, aber sein Weg führt ihn von Nordhessen immer weiter gen Westen, auch an den Rhein.

Wirklich die einheimisc­hen Arten verdrängt hat der Signalkreb­s. Wissenscha­ftler sagen, 80 Prozent der im Rhein lebenden Biomasse gehört zu den Neozoen. Gegen den aus den Rocky Mountains stammenden Signalkreb­s hatte der europäisch­e Edelkrebs keine Chance. Der Rivale ist größer, stärker, aggressive­r und vermehrt sich schneller. Und im Rhein fand er sein neues Revier. Kürzlich ist er in die Liste nicht erwünschte­r invasiver Art der EU aufgenomme­n worden. Der Waschbär übrigens auch.

Bleibt noch die Schmucksch­ildkröte. Ob sie ihre einzige heimische Verwandte, die „Europäisch­e Sumpfschil­dkröte“verdrängen wird, weiß noch keiner. Laut dem Biologen Krause aber ist sie in vielen Düsseldorf­er Teichen bereits anzutreffe­n.

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