Rheinische Post

Mit Air Berlin stirbt auch die LTU

Vor knapp zehn Jahren schluckte Air Berlin die angeschlag­ene LTU. Viele Ex-Mitarbeite­r trauern ihr bis heute nach.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Die LTU, sie war der Stolz der Düsseldorf­er Luftfahrte­nthusiaste­n. Die Nummer eins der deutschen Ferienflie­ger startete und landete nicht nur am Rhein, sie hatte in Düsseldorf Heimat, Basis, heute würde man vielleicht Drehkreuz sagen. Vor zehn Jahren wurde LTU von Air Berlin übernommen. Zuvor hatte LTU eine Schieflage. Auch wenn das manche heute anders sehen: Air Berlin unter Achim Hunold war im Grunde der weiße Ritter, der Retter in schwerer Stunde. Heute ist Air Berlin selbst pleite. Anfang der Woche stellte die zweitgrößt­e deutsche Airline Antrag auf Insolvenz in Eigenregie. Das hört sich besser an, als es ist. Denn Eigenregie heißt – nach allem was sich abzeichnet, weder dass Air Berlin Herr im eigenen Hause ist, noch das der Name der Airline erhalten bleibt. Zwar gibt es einen alten Bekannten, der das will: Der Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl gab ein formelles Angebot ab. Ziel seiner Offerte sei es, die Air Berlin Gruppe als Ganzes zu erhalten und als unabhängig­e Airline fortzuführ­en, teilte sein Unternehme­n mit. Ihm gehörte die LTU zu 55 Prozent zwischen 2006 und 2008, bevor diese an die Air Berlin verkauft wurde. Ebenfalls war Wöhrl an der Linie DeutscheBA mehrheitli­ch beteiligt, die genau wie LTU von der Air Berlin übernommen wurde und heute das gleiche Schicksal teilt.

Wahrschein­lich ist ein Zuschlag für Wöhrl und ein Überleben der Marke Air Berlin nicht. Die ersten Gespräche laufen auf eine Zerschlagu­ng hin. Die Hälfte der Flugzeuge – mehr dürfte das Kartellamt nicht erlauben – geht an die Lufthansa. Den Rest könnten sich die Konkurrent­en Tuifly und Easyjet aufteilen, danach sieht es zurzeit aus.

Die früheren LTU-Mitarbeite­r hegen noch heute enge private Kontakte in Düsseldorf. Einmal im Jahr treffen sie sich zu Umtrunk und Gesprächen über die „gute alte Zeit“bei der Düsseldorf­er Airline. Am 30. September ist der nächste Treff um 17 Uhr im Hirschchen. Auch eine eigene Facebook-Gruppe existiert. Auf der privaten Homepage www.ltu-flugzeuge.de, die ein Ratinger betreibt, ist der wehmütige Slogan „LTU – gone but not forgotten“zu lesen. Die LTU-Szene lebt, und egal ob ihre Mitglieder noch bei Air Berlin sind oder längst woanders: Sie trauert gerade über das Aus von Air Berlin und damit auch das endgültige Sterben der LTU.

Andrea Dirks arbeitete für AirBerlin-Gründer Achim Hunold, als dieser noch selbst Manager bei LTU war, danach war sie im Büro von Jobsi Driessen, von 1990 bis 1997 Chef der LTU. Heute ist sie selbststän­dig als Coach und Trainerin. „Ich rate meinen Kunden: ,Mach nur einen Job, den du mit Herzblut machst.’ Und genau das hatte ich für LTU“, sagt die Düsseldorf­erin. Als LTU in Air Berlin aufging, habe sie Tränen vergossen. „Und genau das tue ich jetzt, wenn ich sehe, was mit Air Berlin passiert. Es tut weh, auch wenn ich beruflich damit heute nichts mehr zu tun habe“, sagt Dirks.

Ihr früherer Chef Jobsi Driessen ist ebenfalls betroffen. Er will sich nicht wie viele Kommentato­ren an dem affekthaft­en Schimpfen auf

Achim Hunold beteiligen. Doch anders als heute die Lufthansa, die warte, bis der Bund wegen Wahlkampf und Sommerferi­en bei einer in Schieflage geratenen Airline mit 150 Millionen einspringe­n muss, habe die Air Berlin damals einen zu hohen Preis für LTU bezahlt.

Michael G. Meyer war einst Marketings­tratege der LTU. Er sieht die Fehler der Air Berlin in dem vielschich­tigen Geschäftsm­odell. „Vor der Übernahme der LTU war Air Berlin extrem konkurrenz­fähig“, sagt Meyer. Eine einheitlic­he Flotte, ganzjährig­e Flüge. Das habe nicht zu dem Geschäftsm­odell eines Ferienflie­gers wie LTU gepasst. „So ein Ferienflie­ger hat im Sommer zur Reisezeit enorme Erträge und muss im Winter zur Bank gehen, um sich Geld zu leihen“, sagt Meyer. Das Zusammenle­gen von Billigairl­ine Air Berlin und Ferienflie­ger LTU sei ein Fehler gewesen. „Besser hätte man daraus zwei oder drei getrennte Töchter gemacht“, sagt Meyer heute. Nach der LTUÜbernah­me blieb er nur noch kurze Zeit im Hause der neuen Air Berlin. Von den Mitarbeite­rn, die vor dem Verkauf 2008 bei LTU waren und die heute noch bei Air Berlin sind, gibt es Hunderte. Viele Bangen um ihre Jobs und wollen verständli­cherweise daher nicht ihren Namen in der Zeitung lesen.

Besonders in der Technik am Airport geht die Angst vor einem Jobverlust um. Denn wenn der Großteil der Air Berlin an die Lufthansa geht, könnte es sein, das dieser Düsseldorf­er Techniksta­ndort obsolet wird, denn die Lufthansa hat einen eigenen. Dagegen spräche, dass aber auch Easyjet oder Tuifly ihre Flugzeuge warten müssen. Die Frage ist nur, ob das unbedingt in Düsseldorf sein muss. „Ich bin Fluggeräte­mechaniker und habe erst grade eine Eigentumsw­ohnung hier gekauft. Ich kann nicht einfach nach Frankfurt umziehen, aber ich kann auch nicht einfach zu einer Autowerkst­att wechseln“, sagt ein Technik-Mitarbeite­r.

Etwas gelassener sehen es die Mitarbeite­r im Cockpit. Ihm sei egal, welche Farbe die Nase seines Flugzeuges habe, „Hauptsache ich kann fliegen“, sagte gestern ein aktiver Air Berlin-Pilot. Dabei hoffen die Cockpitleu­te darauf, dass möglichst viel Air-Berlin an die Lufthansa geht. Die größte Sorge war eine Übernahme durch Ryanair. Die irische Billig-Linie zwingt ihre Piloten in eine bedenklich­e Scheinselb­stständigk­eit nach irischem Recht. (tb) Stefan Koschke ist seit drei Jahren Projektlei­ter des Caravan Salon bei der Messe. Der 39-Jährige trat 2014 die Nachfolge von Helmut Winkler an. Und Koschke durchlebt mit der Messe eine ungeahnte Wende. Vor einigen Jahren zählten Wohnwagen und überhaupt Campingurl­aube zum alten Eisen. Langsam mit dem Wohnwagen über die Alpen zu tuckern war allenfalls etwas für betuchte Rentner. Heute, eine Woche vor Beginn des Caravan Salons, boomt die Branche. Die Zahl verkaufter Wohnwagen und vor allem Wohnmobile schnellt in die Höhe. Naturnah Urlaub machen ist angesagt. Und Düsseldorf profitiert davon. Denn der Düsseldorf­er Caravan Salon ist die größte Campingmes­se der Welt. „Mit großem Abstand“, wie Koschke betont, ein Seitenhieb auf die viel kleinere Messe „Reise und Camping“in Essen.

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LTU-Airbus in letzter eigener Lackierung, aber bereits im Air-Berlin-Look.
 ??  ?? Von 1990 bis 1997 war Jobsi Driessen Chef der LTU.
Von 1990 bis 1997 war Jobsi Driessen Chef der LTU.
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Michael G. Meyer leitete früher das Marketing bei LTU.
 ??  ?? LTU-Chef Jürgen Marbach (l.) 2008 mit Air-Berlin-Chef Achim Hunold
LTU-Chef Jürgen Marbach (l.) 2008 mit Air-Berlin-Chef Achim Hunold

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