Tempo 30 – auch ohne Limit
Unser Redaktionsteam hat ausprobiert, wie man auf der Friedrichstraße vorankommt – als Radfahrer und als Autofahrer.
Unser Redaktionsteam hat ausprobiert, wie man auf der Friedrichstraße mit dem Rad und dem Auto vorankommt.
Radfahrer, 9.15 Uhr: Als Fahrradfahrer hat man es nicht leicht in Düsseldorf. Die Spuren sind eng, die Luft ist schlecht, nicht jeder Autofahrer nimmt Rücksicht. Da ist eine eigene Fahrradspur, wie es sie auf der Friedrichstraße gibt, schon purer Luxus – vor allem im Vergleich zur parallel verlaufenden Corneliusstraße. Dass es trotz dicker Markierungen auf dem Boden, eigenen Fahrradampeln und Schildern schon mal holprig wird für den Radler, zeigt die Praxis.
Mitten im Berufsverkehr, wenn die Straßen voll sind, nutzen Pkwund Lkw-Fahrer gerne die breite Radspur, um einparkenden Autos auszuweichen. Gleich an den Düsseldorf Arcaden schneidet ein SUV mit GG-Kennzeichen den ersten Radfahrer. Vielleicht liegt es an mangelnden Ortskenntnissen, vielleicht an mangelnder Rücksichtnahme. Zum Glück ist die Spur breit, zum Glück reagiert der Radler schnell. Dazu kommen die ZweiteReihe-Parker – drei Stück an der Zahl, von den Düsseldorf Arcaden bis zur Heinrich-Heine-Allee – die ein flüssiges Durchkommen immer wieder verhindern. Acht geben muss der Radfahrer auch noch auf ausparkende Fahrzeuge, die gerne mal vergessen den Blinker zu setzen. Gefährlich, gefährlich, liebe Autofahrer.
Dabei ist die Radspur im Vergleich zu vielen anderen Stellen (Corneliusstraße) so breit ausgebaut, dass es kaum Berührungspunkte mit dem motorisierten Verkehr geben sollte. Da stört auch nicht das Tempo 50, würde die Radspur durchgehend genutzt werden können. Durch die vielen Baustellen entlang des Weges muss der Radler aber immer wieder auf die Autospur ausweichen – an der Ecke Fürstenwall zum Beispiel, wo ein großer gelber Container neben der Baustelle aufgebaut ist, durch den man fahren kann oder aber nicht. Freigegeben ist er offiziell fürs Fahrrad, kommen Fußgänger entgegen, wird es eng.
Eingeschränkt ist die Radspur dann auch ein paar Meter weiter, wo aus der Friedrichstraße die Breite Straße wird. Auch dort nimmt die Baustelle den Radweg ein. Wieder heißt es für den Radler: Raus auf die Autospur. Dass sich Autofahrer dann ärgern, ist nachvollziehbar. Zumal schon eine Spur genommen wurde, um den Fahrradweg zu integrieren.
Autofahrer, 10 Uhr: Wer normalerweise morgens um diese Zeit auf die Friedrichstraße stößt, der fährt am besten gleich wieder an der Bachstraße rechts ab, um das Gefühl zu haben, voranzukommen. In der Ferienzeit fließt der Verkehr aber auch auf der Friedrichstraße – allerdings recht gemächlich. Tempo 30, wie Oberbürgermeister Thomas Geisel es für die Durchfahrtsstraße angeregt hat, ergibt sich häufig von selbst. Das liegt auch an den zahlreichen Ampeln, die im kurzen Abstand den Verkehr an den Kreuzungen regeln. Immerhin geht es nach der Bilker Allee mit Tempo 35 voran, nach der Kirchfeldstraße mit 40 Stundenkilometern und für einige Meter vor dem Fürstenwall sogar mal kurz mit Tempo 50. Allerdings herrscht dann erst einmal wieder Stillstand. An der Herzogstraße ist wie so häufig die Ampel rot und die Autos stauen sich bis zur Kreuzung am Fürstenwall.
Das bietet Zeit, um sich einen Überblick über die Nutzung des Radwegs zu verschaffen. Waren es kurz nach Freigabe der roten Radspur auf der kompletten Friedrichstraße um diese Zeit im Schnitt drei bis vier Radfahrer, sind es nun etwa fünf bis sechs. Dabei fällt auf, dass die Radspur mittlerweile auch von Müttern mit Kindersitz (einmal leer, zweimal besetzt) genutzt wird.
Auf dem letzten Streckenabschnitt zwischen Sternverlag und Graf-Adolf-Straße passieren viele Fußgänger die Fahrbahn ganz entspannt, auch wenn Autos herannahen. Auf dem Radweg hat ein Lieferwagen mit offener Hintertür geparkt. Er ist eines von mehreren Hindernissen, denen Auto- wie Radfahrer ausweichen müssen. Außerdem bewirken immer wieder einparkende Autos, dass der nachfolgende Verkehr einen Schlenker macht und dabei auf die Radspur gerät. Zum Glück ist gerade kein Radfahrer in Sicht. Früher wie heute, ob ohne oder mit Radweg gilt: Im Berufsverkehr müssen alle Verkehrsteilnehmer auf der Friedrichstraße mit unvorhergesehenen Manövern der anderen rechnen.
Und genau deshalb wissen die meisten Einpendler auf vier Rädern, was sie ab kommender Woche tun werden: Sie meiden die Friedrichstraße, die in der dynamischen Verkehrsinformation der Stadt dann meist rot oder orange (Achtung: Stau!) leuchtet. (nika, stz, jj)