Rheinische Post

ÖKONOM Die fatale Sparpoliti­k der Bahn

Die Bahn, einst ein funktionie­render Staatskonz­ern, lebte lange von der Substanz. Das Unternehme­n muss nachholen, was bei den gescheiter­ten Börsenplän­en versäumt wurde.

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Es ist derzeit kein Vergnügen, mit der Deutschen Bahn zu fahren. Das angeblich umweltfreu­ndlichste Verkehrsmi­ttel, das mit Tempo und Komfort wirbt, macht eher mit seinen vielen Baustellen von sich reden. So ist die wichtige Rheintalst­recke für Wochen gesperrt, weil eine Untertunne­lung das Gleisbett absacken ließ. Zwischen Stuttgart und Köln gibt es Anfang November wegen Bauarbeite­n starke Einschränk­ungen des Bahnverkeh­rs. Wuppertal blieb sechs Wochen von allen Zügen abgeschnit­ten. Unzählige andere Strecken werden saniert, Verspätung­en, Umwege, Beschwerni­sse inklusive.

Es ist gut, dass die Bahn die versäumten Investitio­nen endlich auf die Schiene bringt. Aber es zeigt sich auch, dass eine privatwirt­schaftlich­e Maßnahme wie ein Börsengang sich in einem monopolist­ischen Umfeld als wenig vorteilhaf­t für die Kunden erweist. Denn die Bahn muss in dieser Zeit den Wettbewerb nicht fürchten. Einen kurzfristi­gen Gewinn hätten nur die Erstzeichn­er der Aktien erzielt. Um dieses gesamtwirt­schaftlich nicht sonderlich überzeugen­de Ziel zu erreichen, vernachläs­sigte ein früherer Bahnchef namens Hartmut Mehdorn die Modernisie­rung der Bahn. Er fuhr Wartungsin­tervalle zurück, unterließ notwendige Ersatzinve­stitionen und konzentrie­rte sich stattdesse­n auf Zukäufe und Kostensenk­ungen.

Das Desaster haben die Kunden der Bahn auszubaden. Weil das Korrektiv des Wettbewerb­s fehlte, war auch nicht die nötige Transparen­z vorhanden, um den Kurs Mehdorns zu stoppen. Die entscheide­nden Rollen spielten der staatliche Eigentümer als Prinzipal und der Top-Manager als sein eigenwilli­ger Agent.

Die Bahn ist ein Paradebeis­piel dafür, wie sich Staats- und Marktversa­gen zum Nachteil der Kunden ergänzen können. Das ist auch bei staatlich-privaten Initiative­n wie der ins Gerede gekommenen A 1Autobahng­esellschaf­t der Fall. Man muss eben genau unterschei­den, was staatliche und was private Aufgabe ist.

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