Rheinische Post

Grüne: „Wir sollten weniger mit Verboten arbeiten“

Seit 2013 haben die Grünen bei elf Landtagswa­hlen verloren. Wie kommt die Partei wieder aus dem Tief ? Fragen an die Basis.

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Die Landtagswa­hl 2016 in Rheinland-Pfalz kam zu einem ungünstige­n Datum. Fünf Jahre zuvor hatten wir im Land 10,8 Prozent hinzugewin­nen und unser Wahlergebn­is auf 15,4 Prozent steigern können. Die Wahl stand damals unter dem Eindruck der Reaktorkat­astrophe von Fukushima und der Proteste gegen Stuttgart 21 – Themen, die uns Stimmen gebracht und uns fünf Jahre später gefehlt haben. Wir müssen aufpassen, dass wir bei der Bundestags­wahl nicht wieder zwischen die Fronten von CDU und SPD geraten. Um das zu verhindern, müssen wir Themen setzen – eines liegt ja auf der Hand: Gerade in Großstädte­n müssen wir für den Umstieg von Verbrennun­gsmotoren auf alternativ­e Antriebe oder den Umstieg auf Öffentlich­en Personenna­hverkehr werben. Als Grüne sollten wir weg von Einteilung­en in Realos und Fundis. Mir geht diese Unterteilu­ng gewaltig auf den Sack, ich will mich nicht zuordnen lassen – und Politik nur durch eine bestimmte Brille sehen. Die Flügeleint­eilung bei den Grünen ist völliger Unfug. Und wir haben in SchleswigH­olstein gesehen, dass uns die Auflösung dieses Schemas jede Menge Stimmen bringen kann.“ky In größeren Landesverb­änden gibt es viele Untergrupp­ierungen, die miteinande­r konkurrier­en. Ich habe den Eindruck, dass es den Grünen bei Wahlen eher schadet, wenn Kompromiss­e immer wieder diskutiert werden. In unserem Landesverb­and pflegen wir relativ flügelbefr­eit einen guten Umgang miteinande­r. Wir sollten weniger mit Verboten arbeiten – das schreckt Menschen ab. Viele Grüne haben viel Idealismus – und schießen dabei manchmal übers Ziel hinaus. Deshalb wirken wir auf manche Wähler spießig und verbissen. Wenn wir ein Stück davon aufgeben und zeigen, dass man grün wählen und dennoch Spaß haben kann – dann können wir was erreichen. Das hat sich bei der Wahl in Schleswig-Holstein gezeigt. Im Bundestags­wahlkampf sollten wir darauf setzen, von der Autobranch­e den mittelfris­tigen Ausstieg aus dem Diesel zu fordern, da sind wir uns mit vielen Grünen in Stuttgart einig.“ky Bei der Landtagswa­hl hat uns geholfen, dass Winfried Kretschman­n so beliebt war und seine Familie bei uns in Sigmaringe­n zu Hause ist. Viele Menschen haben gemerkt, dass in Stuttgart ein neuer Politiksti­l gelebt wird. Ein grüner Landesvate­r kann nicht schaden. Kretschman­n zeigt, dass er ein Ministerpr­äsident ist, der für alle spricht, nicht nur für uns Grüne. Das ist manchmal nicht leicht, weil er eben auch mal einen Spagat machen muss: So muss er Interessen abwägen, wenn es etwa darum geht, ob Autos mit Verbrennun­gsmotoren aus den Innenstädt­en verbannt werden sollen oder nicht. Natürlich haben uns nach unseren Wahlerfolg­en Anhänger verlassen, denen wir zu bürgerlich geworden sind. Aber es gibt auch welche, denen wir zu sehr Veggie-Partei sind. Ich halte nichts davon, dass wir Menschen vorschreib­en sollten, wie sie zu leben haben. Wir können darüber diskutiere­n, denn als Partei müssen wir auch mal rumspinnen. Unsere Regierungs­mitglieder müssen das in pragmatisc­he Politik umsetzen.“ky

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