Rheinische Post

So wählen Deutsche unter 30 Jahren

Die Jungen wählen konservati­v, unterstütz­en aber progressiv­e Ideen – das zeigt unsere Umfrage bei Rock am Ring, beim Kirchentag und bei der Tischtenni­s-WM.

- VON MERLE SIEVERS

DÜSSELDORF Bei der letzten Bundestags­wahl gingen von den Unter-30Jährigen lediglich 62,3 Prozent zur Wahl – das ist deutlich unter dem Durchschni­tt. Ein ähnliches Szenario blüht uns laut Wahlforsch­ern nun 2017. Doch wie ticken die Jungen? Welche Partei wählen sie? Und welche Themen sind ihnen wichtig? Auf dem evangelisc­hen Kirchentag in Berlin, bei der Tischtenni­s-WM in Düsseldorf und bei Rock am Ring in der Eifel hat unsere Redaktion eine Probewahl durchgefüh­rt. Einzige Kriterien für die Teilnahme: Alter höchstens 30 Jahre, in Deutschlan­d wahlberech­tigt. Mit knapp 300 abgegebene­n Stimmzette­ln ist die Umfrage nicht repräsenta­tiv. Trotzdem gibt das Ergebnis zusammen mit den Gesprächen am Rande einen Eindruck von der politische­n Meinung. Gefragt wurde nicht nur, welche Partei sie wählen würden, sondern auch, welches Gesetz sie sofort umsetzen würden, wenn sie für einen Tag „König von Deutschlan­d wären“. Ein bisschen Wunschdenk­en war also erlaubt.

Die Auswertung zeigt: In ihrer Sympathie für Parteien liegen die Befragten gar nicht so weit von dem Bundesdurs­chnitt entfernt. Fast 30 Prozent würden CDU/CSU wählen, gefolgt von SPD und Grünen. Ausreißer ist die Linke, die unter den Festivalbe­suchern von Rock am Ring fast genauso viele Stimmen erreicht wie die Union. Erstaunlic­h ist, was die Ergebnisse im Zusammenha­ng mit den Gesetzen aussagen, deren Dringlichk­eit ebenfalls erfragt wurde. Demnach befürworte­n besonders viele junge Wähler die Ehe für alle, ein grundsätzl­ich gebührenfr­eies Studium sowie kostenfrei­e Kita-Plätze. Auch das bedingungs­lose Grundeinko­mmen und CDU/CSU SPD Bündnis 90/Grüne FDP Die Linke AfD

0,7 %

Andere gar nicht

3,5 %

eine Reichenste­uer finden verhältnis­mäßig großen Anklang – allesamt eher politisch linke als konservati­ve Ideen. Selbst von den 3,5 Prozent Nichtwähle­rn haben alle zumindest ein Kreuz bei den für sie relevanten Themen gemacht.

Das passt nicht zusammen: Junge Erwachsene, die konservati­v wählen, aber gleichzeit­ig mit progressiv­en bis radikalen Ideen sympathisi­eren. Wo klafft da die Lücke? Ist die Generation Y einfach zu bequem, um sich eine eigene Meinung zu bilden, mutig zu sein? Fühlt sich links wählen so extrem und falsch an wie rechts wählen? Erreichen Grüne, SPD und Linke die falsche Zielgruppe? Oder sind die linken Positionen vielleicht gar nicht mehr so links? Antworten kann die Umfrage nicht liefern. Aber Denkanstöß­e.

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