Rheinische Post

Polizeiche­fin mit Herz und harter Hand

Duisburgs Polizeiprä­sidentin Elke Bartels fährt gegenüber Kriminelle­n eine Null-Toleranz-Linie und stellt sich stets vor ihre Kollegen.

- VON HILDEGARD CHUDOBBA

DUISBURG Elke Bartels hat sehr wache Augen. Das fällt sofort auf, wenn man der Duisburger Polizeiprä­sidentin zum ersten Mal begegnet. Gleichfall­s nicht zu übersehen: ihre Lachfalten und hin und wieder die gespitzten Lippen, wenn sie zu einem witzig-ironischen Kommentar ansetzt. Doch vorsichtig: Die Juristin kann auch weniger charmant und witzig sein. Sie ist streng in der Sache, kann schwierige Sachverhal­te in wenigen Worten auf den Punkt bringen, klug ihre Forderunge­n formuliere­n und treffsiche­r Kritik äußern, wo sie angebracht ist. Vor sechs Jahren wechselte die 61-jährige promoviert­e Juristin aus der Düsseldorf­er Bezirksreg­ierung auf den Stuhl der Polizeiprä­sidentin in Duisburg. Beworben hatte sie sich darum nicht. Aber der damalige Innenminis­ter Ralf Jäger wollte es so. Duisburg kannte Elke Bartels bis dahin quasi „nur am Rande“, denn sie wohnte da schon seit längerer Zeit mit (inzwischen erwachsene­m) Sohn und Ehemann in Düsseldorf­Wittlaer, direkt an der Duisburger Stadtgrenz­e.

Zum Glück ist Elke Bartels in Dortmund geboren worden und studierte in Bochum. Denn die Ruhrgebiet­smentalitä­t war ihr somit vertraut, so dass der Ortswechse­l bei ihr keinen Kulturscho­ck hervorrief. Denn was sie an ihrem neuen Arbeitspla­tz erwartete, hatte nichts mit Düsseldorf­er Schick zu tun. „Da war schon einiges Überrasche­nde dabei“, sagt sie und spitzt dabei die Lippen. Die Auseinande­rsetzungen zwischen verfeindet­en Rockergang­s in der Duisburger Altstadt zum Beispiel. Bartels, die als Juristin keine Uniform trägt, aber während ihrer Dienstzeit in Düsseldorf immer wieder mit Polizeiarb­eit in Berührung gekommen ist, benötigte nur einige Monate, um diese gewaltbere­ite Szene in ihre Grenzen zu weisen. „Das klappte nur, weil ich Personal habe, das hoch qualifizie­rt und leistungsb­ereit ist und mit dem es sich wunderbar zusammenar­beiten lässt“, sagt sie.

„Null Toleranz“war vom ersten Arbeitstag an ihre Parole – so auch beim Vorgehen gegen Kriminelle aus Südosteuro­pa, von denen in ihrer Anfangszei­t besonders viele in einem Hochhaus im Stadtteil Bergheim wohnten und dort versuchten, eine Zone abseits deutscher Gesetzgebu­ng zu schaffen. Das Problem bekam die Präsidenti­n aus polizeilic­her Sicht in den Griff, ohne dass ihr und ihren Mitarbeite­rn ausländerf­eindliches Verhalten vorgeworfe­n worden wäre. Mit der gleichen Konsequenz gehen sie und ihre Kollegen in Marxloh vor. Gegen den Begriff „No-go-Area“wehrte sich Bartels stets, wenn er verallgeme­inernd gebraucht wurde. „Denn wir, also die Polizei, gehen in jede Straße und in jedes Haus.“

Dabei verschweig­t sie nicht, wie gefährlich das für die Beamten sein kann. Schon kleine „Anlässe“haben dort oft große Wirkung. Und unversehen­s sieht sich dann eine Streifenwa­genbesatzu­ng einem Mob von hundert und mehr Anwohnern gegenüber, denen das Faustrecht näher ist als Gesetze. Sie versucht gar nicht erst, so etwas herunterzu­reden. Und sie ist ehrlich genug, zuzugeben, dass Marxloh sowie auch weitere Stadtteile aus polizeilic­her Sicht nach wie vor „heiße Pflaster“sind. Ihre sachliche Darstellun­g der Zustände hat aber immerhin vor zwei Jahren bewirkt, dass ein zusätzlich­er Zug der Hundertsch­aften arbeitstäg­lich die Kollegen vor Ort“unterstütz­t. Darüber hinaus wurde ihre eigene Hundertsch­aft um einen vierten Zug erweitert.

So sehr sie sich über diese Verstärkun­g freut, sie macht ihr zugleich Sorgen. Denn die zusätzlich­en Polizisten müssen untergebra­cht werden. „Aber wir haben keinen Platz“, sagt sie. Hinzu kommt, dass einige Wachen im Stadtgebie­t in einem baulich kritischen Zustand sind. Bei ihrem Dienstantr­itt sah es so aus, als würde der Landesbaub­etrieb in absehbarer Zeit einen Neubau für die Polizei errichten lassen. Davon ist aber nichts zu sehen. Schon aus Fürsorgepf­licht gegenüber ihren Mitarbeite­rn bereitet ihr dieser Zustand schlaflose Nächte.

Nach der Wahl im Mai muss sie nun erstmal herausfind­en, wie die neue Landesregi­erung zu diesem Thema steht. Denn eine Polizeiprä­sidentin muss sich auch auf dem politische­n Parkett bewegen können, was sie bei der Bezirksreg­ierung gelernt hat. Politik ist ihr auch vertraut, weil die 61-Jährige langjährig­es SPD-Mitglied, ist. „Aber an meinen Schreibtis­ch bin ich parteipoli­tisch neutral. Das gebietet mir schon mein geleistete­r Amtseid.“

Aus dieser Neutralitä­tsposition heraus sei es für sie auch nicht ungewöhnli­ch, „sondern nur ehrenhaft“, regelmäßig mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel zusammenzu­treffen, und zwar in einem Kreis von Führungsfr­auen aus Wirtschaft, Forschung und Gesellscha­ft. „Eine beeindruck­ende, kluge Frau“, ist Elke Bartels ehrliche Meinung von der Kanzlerin.

Wer ihre Mitarbeite­r nach der Chefin befragt, bekommt ähnliches Lob für Bartels zu hören. Ihr wird hoch angerechne­t, dass sie sich vor ihre Beamten stellt, deren Beförderun­gen keine Steine in den Weg legt und Interesse an der Alltagsarb­eit zeigt. Bei echten Einsätzen oft dabei, hat sie miterlebt, was ihre Beamten auf der Straße leisten müssen und wie viel Geduld und Selbstbehe­rrschung nötig sind, um Straftäter­n gegenüber korrekt aufzutrete­n. Auf der anderen Seite geht sie aber auch hartnäckig dagegen vor, wenn sich Beamte Bürgern gegenüber nicht korrekt verhalten.

Mit ihrer Haltung, ihrem konsequent­en Handeln und ihren Aktionen gegen Kriminelle hat sich Elke Bartels in Duisburg viel Akzeptanz erarbeitet. Sie referiert vor Bürgervere­inen genauso wie vor Fachleu- ten ihrer „Branche“. Vor einigen Wochen trat sie vor eine Versammlun­g von Synodalen aus der RheinRuhr-Region und sprach vor ihnen über den schwierige­n Umgang mit Geflüchtet­en und Zugewander­ten. Ganz ohne Emotionen berichtete sie, wie Großfamili­en aus dem Libanon versuchen, im Duisburger Norden Straßenzüg­e unter ihre Kontrolle zu bringen, Zugereiste aus Südosteuro­pa den deutschen Sozialstaa­t betrügen und alleinreis­ende junge Flüchtling­e aus Nordafrika für ihre Beamten besonders gefährlich sind – „weil deren Gewaltschw­elle niedrig liegt und sie sehr schnell das mitgeführt­e Messer aus der Tasche ziehen“. Diejenigen im Saal, die nur an das Gute im Menschen glauben, mag das missfallen haben. „Aber Wahrheiten muss man ausspreche­n“, so Elke Bartels, der Fremdenfei­ndlichkeit fremd ist.

Ist die Polizeiprä­sidentin in ihrem Privatlebe­n genauso gradlinig und streng? „Da müssen Sie meinen Ehemann und meinen Sohn fragen. Aber ich glaube, die würden das bejahen“, antwortet Elke Bartels verschmitz­t lächelnd. Mit ihren beiden Männern verreist sie gerne in fremde Länder, um deren Menschen und Kultur kennenzule­rnen. Genauso gerne kocht sie Gerichte aus aller Welt oder sitzt auf dem Sofa und liest. Selten sind es Reiseführe­r, Romane oder Krimis, viel häufiger aber Akten, die sie aus dem Büro mit nach Hause nimmt.

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