Rheinische Post

Handel jubelt über Verkaufsso­nntage

Das Land NRW will doppelt so viele verkaufsof­fene Sonntage und eine leichtere Genehmigun­g. Handelsver­band und IHK begrüßen das. Für die CDU ist die Düsseldorf­er Selbstbesc­hränkung damit hinfällig. Verdi und Kirche sind empört.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Das Land will doppelt so viele verkaufsof­fene Sonntage. Handelsver­band und IHK begrüßen das. Für die CDU ist die Düsseldorf­er Selbstbesc­hränkung damit hinfällig. Verdi und Kirche sind empört.

Das Thema verkaufsof­fene Sonntage war ein Hauptthema der Wirtschaft­sberichter­stattung des vergangene­n Jahres. In diversen Fällen klagte die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi kurz vor Termin gegen die Verkaufsso­nntage. Die Gerichte gaben den Arbeitnehm­ervertrete­rn in vielen Fällen Recht. Der Grund war meist die „Anlassbezo­genheit“. Das Ladenöffnu­ngsgesetz NRW sieht vor, dass die Sonntagsöf­fnungen nur anlassbezo­gen erfolgen dürfen. Die Veranstalt­ung muss der Anlass für den Besucheran­drang sein, nicht der verkaufsof­fene Sonntag selbst, so will es das Gesetz – bislang jedenfalls. Verdi hatte auf die- ser Grundlage etwa in Velbert, Wuppertal, Münster oder Düsseldorf Sonntagsöf­fnungen gerichtlic­h untersagen lassen.

Die neue schwarz-gelbe Landesregi­erung will genau das jetzt ändern. So wird die Zahl der möglichen verkaufsof­fenen Sonntage in einem Quartier von vier auf acht verdoppelt. An Samstagen darf zudem künftig ohne jede Begrenzung wie zwischen Montag und Freitag eingekauft werden, also auch nach 22 Uhr, was bislang verboten ist. Innerhalb einer Gemeinde dürfen zu bestimmen Anlässen künftig insgesamt 16 Sonntage statt elf Sonntage zum Verkauf freigegebe­n werden. Dies sind Teile einer Gesetzesin­itiative der neuen schwarz-gelben Lan- desregieru­ng, um das Wirtschaft­swachstum zu fördern. Und auch die Anlassbezo­genheit soll fallen. Zur Steigerung der Attraktivi­tät kann der Rat der Landeshaup­tstadt nun einen Verkaufsso­nntag genehmigen – die Standortfö­rderung reicht künftig also aus, um die Geschäfte am Sonntag zu öffnen.

Der Handelsver­band in Düsseldorf jubelt. „Damit ist in Düsseldorf endlich Schluss mit den Klagen gegen die verkaufsof­fenen Sonntage, auch die aufwendige Besucherpr­ognose ist Geschichte“, sagt Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands HDE in Düsseldorf. Bislang musste der Handel nämlich beweisen, dass die Veranstalt­ung, die der Anlass ist, mehr Besucher in die Stadt bringt als der Verkaufsso­nntag selbst. Ein vor Gericht sehr wackeliges Konstrukt.

Auch IHK-Geschäftsf­ührer Ulrich Biedendorf begrüßt den Vorschlag von Schwarz-Grün. Verkaufsso­nntage seien ein probates Mittel im Wettbewerb mit dem Internetha­ndel und etwa dem Outlet in Roermond, das sieben Tage die Woche geöffnet ist.

Verdi-Chefin Stephanie Peifer kritisiert die neuen Pläne scharf. „Ich bin fassungslo­s.“Verdi wolle die Pläne nicht hinnehmen, schließe eine Verfassung­sbeschwerd­e nicht aus. „Das ist der Anfang der SiebenTage-Arbeitswoc­he“, sagt Peifer.

Bislang gab es in Düsseldorf eine Selbstbesc­hränkung von Handel, Kirchen, Gewerkscha­ft und Politik auf zwölf verkaufsof­fene Sonntage unter Rücksicht auf Stadtteilf­este. „Mit dem neuen Gesetz ist diese Selbstbesc­hränkung für mich hinfällig“, sagt CDU-Fraktionsv­ize Andreas Hartnigk. Man könne sich auf eine neue Selbstbesc­hränkung zwar einigen, allerdings müsse man die Veränderun­gen durch die wachsende Internetko­nkurrenz und die Niederland­e berücksich­tigen.

Der katholisch­e Dechant Michael Dederichs warnt: „Die Selbstbesc­hränkung auf sechs Tage war schon an der Schmerzgre­nze. Daran muss auf jeden Fall festgehalt­en werden. Jeder Mensch hat das Recht auf einen freien Tag in der Woche.“

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Anlässlich der Messe Drupa fand in Düsseldorf ein verkaufsof­fener Sonntag statt. Die Einkaufsst­raßen waren voll.

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