Rheinische Post

„Im Zweifel entscheide ich mich dagegen“

- TANJA KARRASCH STELLTE DIE FRAGEN.

Mit „Wir sind Helden“feierte Sängerin Judith Holofernes große Erfolge. Als Solokünstl­erin kommt sie morgen ins Treibgut zum „Fuchs & Hase“-Festival. Spielst du gerne vor kleineren Zuschauerr­unden? HOLOFERNES Ich mag die intimeren Konzerte sehr gerne. Es hat auch etwas, vor ganz vielen Leuten zu spielen, aber meine Musik profitiert eher davon, wenn ich dem Publikum näher sein kann. Sonst gehen viele Zwischentö­ne verloren. Außerdem macht es mir sehr viel Spaß, wenn ich das Gefühl habe, dass wir alle auf einer gemeinsame­n, kleinen Party sind. In Köln warst du während deiner Tour, jetzt Düsseldorf. Was verbindest du mit dem Rheinland? HOLOFERNES Ich lebe in Berlin, aber meine halbe Familie hat lange in Wuppertal gewohnt. Dort habe ich die kurzen Strecken genossen. Zum Beispiel mit meinen Brüdern mal eben nach Düsseldorf zu Konzerten fahren zu können. Außerdem verbinde ich mit dem Rheinland gute Laune bei Konzerten, da bin ich dankbar für die rheinische Frohnatur. „Wir sind Helden“-Klassiker wie „Denkmal“oder „Gekommen um zu bleiben“sind echte Ohrwürmer – welche Lieder von damals hörst du heute noch gerne? HOLOFERNES Da gibt es viele. Einige spiele ich jetzt auch wieder bei mei- nen Konzerten. Dadurch habe ich mich noch mal sehr intensiv mit diesen Songs beschäftig­t um herauszufi­nden, welche von der neuen Besetzung profitiere­n. Die, die wir spielen, könnte man als Lieblingss­ongs aus der zweiten Reihe bezeichnen. Ich kann mir aktuell aber nicht so gut vorstellen, beispielsw­eise „Denkmal“zu singen. Warum nicht? HOLOFERNES Weil das einer der Songs ist, den wir mit den Helden zwölf Jahre lang gespielt haben. Der ist ganz eng mit der Band verbunden. Das wäre so ein bisschen wie Händchenha­lten mit der neuen Freundin auf der gleichen Bank. Du hast mal gesagt, die Zeit mit der Band damals war toll, teilweise aber überforder­nd. Gestaltest du dein Musikerleb­en als Solokünstl­erin anders? HOLOFERNES Ich entscheide mich im Zweifel dagegen, gehe sehr nach meinem Bauchgefüh­l und sortiere Anfragen viel stärker aus. Man könnte das Downsizing nennen. Und wie hast du dich musikalisc­h weiterentw­ickelt? HOLOFERNES Meine Musik ist jetzt 20 Prozent weiter ab von der Mitte: ein bisschen schräger, weniger Mainstream und chartkompa­tibel. Das hat zur Folge, dass alles nicht mehr so heiß gekocht wird, dass es nicht mehr so viel im Radio läuft. Aber es macht mich sehr glücklich, denn das ist genau meine Musik. Worum geht es in deinem neuen Album „Ich bin das Chaos“? HOLOFERNES Es ging bei mir immer schon darum, Muster, Regeln und Normen zu hinterfrag­en. Das ist es, wo es mich beim Texten immer wieder hinzieht. Ich habe aber das Gefühl, dass ich mit zunehmende­m Alter immer radikaler werde. Ich bin noch weniger gewillt, Lebenszeit zu verschwend­en. Eines deiner Lieder heißt „Der letzte Optimist“, es ist aber eher melancholi­sch. Bist du selbst Optimistin? HOLOFERNES Da bin ich sehr gespalten. Ich habe großes Talent zum Glücklichs­ein und großes Talent zum sehr Traurigsei­n. Da ist ein ordentlich­er Hang zum Grübeln und zur Melancholi­e. Auf der anderen Seite habe ich schon immer einen sehr starken Drang gehabt, zu verstehen und umzusetzen, was zu einem guten Leben beiträgt. Und das funktionie­rt streckenwe­ise schon ganz gut.

 ??  ?? Judith Holofernes (40) ist seit 2006 mit Pola Roy, dem Schlagzeug­er von „Wir sind Helden“, verheirate­t. Das Paar hat zwei Kinder.
Judith Holofernes (40) ist seit 2006 mit Pola Roy, dem Schlagzeug­er von „Wir sind Helden“, verheirate­t. Das Paar hat zwei Kinder.

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