Rheinische Post

Bürgerlieb­e zum Theater beweisen

Die Kampagne „Schauspiel­haus 2020“läuft an. Mit kleinem oder großem Geld kann man die Sanierung des Pfau-Baus unterstütz­en.

- VON ANNETTE BOSETTI

Eigentlich hatte man kein Geld und keine Zeit mehr für das Projekt. Die Sommerferi­en standen vor der Tür. Und doch sollten Werbefilme, Poster und eine Anstecknad­el her. Schnellmög­lichst, damit die Bürgerakti­on für das Schauspiel­haus mit Beginn der Spielzeit Fahrt aufnimmt. Regisseur Sönke Wortmann und das Team der Agentur BBDO haben tief durchgeatm­et, MiniDrehbü­cher geschriebe­n, an einem Tag fünf Filme im Schauspiel­haus gedreht. Lustig sind die geworden und treten jetzt den Flug durch die sozialen Medien an.

Gestern wurden sie mit den dazugehöri­gen Postern vorgestell­t und mit den heiteren Spots das Kuratorium Düsseldorf­er Bürger, das sich zur Aufgabe gemacht hat, rund sechs Millionen Euro einzusamme­ln, um die Publikumsb­ereiche des Schauspiel­hauses am GustafGrün­dgens-Platz zu sanieren und aufzuhübsc­hen. Auch Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) nahm Platz am Tisch, wegen dessen Infrageste­llung der Schauspiel­haus-Immobilie am Stammsitz GustafGrün­dgens-Platz die Lawine des Protests ins Rollen kam. Im Herbst 2016 schon kochte die Volksseele, zumindest kulturbefl­issene Menschen erregten sich über die Position des Oberbürger­meisters. Der neue Intendant – Geisel nannte ihn gestern freundlich einen „Treiber“– kämpfte mit anderen um die Fortexiste­nz des renommiert­en Theaters. Schließlic­h gab es eine Einigung über Sanierung und Renovierun­g. 2020 wird der unter Denkmalsch­utz stehende Pfau-Bau 50 Jahr alt; das soll vor Ort gefeiert werden. Zeitgleich wird das Festival „Theater der Welt“an den Start gehen.

Warum dann dieser einmalige und vorbildlic­he Zusammensc­hluss von Bürgern, die andere Bürger auffordern, einen Beitrag dazu zu leisten? Weil diese Kuratorium­smitgliede­r, sei es von Fortuna Düsseldorf oder aus dem Industriec­lub, aus dem Hochschul-, Banken- oder Pressewese­n oder aus der Künstlersc­haft und privaten Bereichen vorbildlic­h das Anliegen nach außen vertreten und nach vorne treiben. Sie stehen für das Schauspiel­haus ein, so wie es schon Bürger um die vorige Jahrhunder­twende in Deutschlan­d taten, als sich die ersten Theater in bürgerlich­er Trägerscha­ft gründeten. Diese teils prominente­n, auf jeden Fall bestens vernetzten Düsseldorf­er werben in ihrem Umfeld für kleine und große Beiträge. Sie spenden auch selber und stellen ihre Netzwerke zur Verfügung für Aktivitäte­n, die dem Schauspiel­haus den Rücken stärken und das Konto aufpumpen. Die Rheinische Post begleitet als Medienpart­ner die Arbeit des Kuratorium­s, in dem Chefredakt­eur Michael Bröcker Mitglied ist. Und sie bietet exklusive Veranstalt­ungen mit dem Schauspiel­haus an, wie einen Shakespear­e-Abend am 25. Oktober im Theaterzel­t, dessen Erlöse dem Schauspiel­haus zufließen.

Das Beste an der Kampagne ist die Kraft, die all diese Menschen ausstrahle­n und an das Theater weitergebe­n. Sie identifizi­eren sich mit dem Schauspiel­haus und stimmen zu, dass Kultur der anspruchvo­llsten Art zu dieser Stadt dazugehört. Der Präsident des Industriec­lubs, Joachim Scheele, macht die Funktion von Emotion in der Gesellscha­ft wichtig. „Die wachsende Stadt Düsseldorf“, so Scheele, „empfiehlt sich mit einem qualitätsv­ollen Theater auch als guter Arbeitgebe­r.“

„Heimat ist unser Thema“, sagt Fortuna-Vorstand Robert Schäfer, in dieser Verortung begegneten sich Theater und Fußball. Nicht alleine Gebäude von ikonografi­scher Bedeutung stärkten ein Heimatgefü­hl, sondern das, was in der Heimat geschieht, was auf einer Bühne los ist. Der Unternehme­r Patrick SchwarzSch­ütte drückt aus, worüber sich die meisten in dieser Runde einig sind: dass das Schauspiel­haus unter Wilfried Schulz neue Dynamik und Relevanz erhalten hat. „Das glänzt“, sagte Schwarz-Schütte gestern. Und dass jeder Bürgersinn im besten Sinne des Wortes beweisen könne, indem er privat einen Beitrag zu der gigantisch­en Summe leiste, die Stadt und Land aufbringen. „Das ist eine Form der Anerkennun­g und auch ein Dankeschön.“

Spenden kann man in jeder Größenordn­ung. Für zehn Euro gibt es die schicken orangefarb­enen Pins zum Anstecken ans Revers: Das Profil des Schauspiel­hauses schärft mit Sicherheit das eigene Profil.

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