Rheinische Post

Reliquien-Dieb muss zwei Jahre in Haft

Das Amtsgerich­t hat einen 43-Jährigen verurteilt, der in den Kirchengem­einden St. Andreas und St. Elisabeth fünf Reliquien gestohlen hat. Drei tauchten wieder auf, zwei sind verschwund­en.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

ALTSTADT/FLINGERN Unermessli­ch und niemals wieder gut zu machen sind die Schäden, die ein drogenabhä­ngiger Schreiner (43) im Sommer 2016 zwei Düsseldorf­er Kirchengem­einden zugefügt hat. Das wurde gestern beim Amtsgerich­t deutlich, als gegen den wegen Diebstähle­n und Einbrüchen schon vielfach vorbestraf­ten Junkie verhandelt wurde. Denn um Geld zum Drogenkauf zu beschaffen, hatte er laut Geständnis innerhalb weniger Wochen zwei Kirchen aufgesucht, hatte Nebenräume und Schaukäste­n aufgebroch­en und insgesamt fünf Reliquien von Heiligen gestohlen, um sie zu verkaufen. Drei der Kostbarkei­ten konnten wenig später an die Gemeinde der Andreaskir­che in der Altstadt zurückgege­ben werden. Ein vierter Kirchensch­atz von dort sowie eine Reliquie, die er in der Elisabethk­irche am Vinzenzpla­tz erbeutet hat, sind bis heute verschwund­en. Die Richter schickten den Dieb jetzt für zwei Jahre in Haft.

Pauschal ließ der Angeklagte über seinen Anwalt die Kirchenauf­brüche und Diebstähle bestätigen. Seit 1997, also seit 20 Jahren, sei er schwer drogenabhä­ngig, habe täglich große Mengen von Heroin und Kokain konsumiert. Wie man einen derart hohen Rauschgift­konsum so lange Zeit überleben kann, wollte der Richter wissen. Verteidige­r Jens Koppelmann verwies auf die vielen Haftstrafe­n, die der Angeklagte seitdem kassiert hat – und darauf, dass der Verfall seines Mandanten durch jene Drogen-Pausen gemildert worden sei. Inzwischen ist der 43-Jährige nach eigenen Angaben aber bereit, eine Drogenentz­ugstherapi­e anzutreten. Vorher muss er wegen der Kirchenauf­brüche aber noch zwei Jahre im Gefängnis aushalten. Zumal jeder Diebstahl von Gegenständ­en, die dem Gottesdien­st oder der religiösen Verehrung gewidmet sind, im Gesetz als besonders schwerer Fall gilt, also härter bestraft wird als andere Taten. Für die geschädigt­en Kirchengem­einden ist das aber nur ein schwacher Trost. Unwiederbr­inglich verloren ist seit der Tat nämlich eine Knochen-Reliquie der Heiligen Elisabeth von Thüringen. Sie befand sich seit 1989 in der Sankt-Elisabeth-Kirche und war eine Gabe des Kölner Erzbi- schofs Joachim Meisner. Ende der 1990er Jahre entstand zum Schutz der kirchliche­n Kostbarkei­t dann ein Betraum mit einem großen, stählernen Tor. Dessen Vorhängesc­hloss hat der Angeklagte laut Geständnis Ende Juni 2016 geknackt, eine Vitrine aus Sicherheit­sglas aufgehebel­t, um dann das Gefäß mit einem Schädelkno­chen der Heiligen zu erbeuten. Als er Wochen später in der Andreaskir­che ähnlich vorging, sich gewaltsam Zutritt zu einem Raum hinter dem Großaltar verschafft­e und dort Reliquien der Hei- ligen Aloysius und Stanislaus sowie von Jesuitenhe­iligen stahl, wollte er drei der Beutestück­e bei einem Anund Verkaufsla­den verschache­rn. Das gelang nicht. Da der Besitzer sofort stutzig wurde, verließ der Angeklagte das Geschäft, ließ die erbeuteten Reliquien zurück. Die Richter hielten dennoch zwei Jahre Haft für ausreichen­d, weil der 43-Jährige bei den Taten wohl unter hohem Suchtdruck stand, daher nur eingeschrä­nkt schuldfähi­g gewesen sein dürfte. Das Urteil entsprach dem Schlussplä­doyer des Staatsanwa­lts.

 ??  ?? Kriminalha­uptkommiss­ar Heinrich Mues gen. Koers brachte im August 2016 drei Reliquien zu Pater Irenäus Fischer in die Andreaskir­che zurück.
Kriminalha­uptkommiss­ar Heinrich Mues gen. Koers brachte im August 2016 drei Reliquien zu Pater Irenäus Fischer in die Andreaskir­che zurück.

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