Rheinische Post

De Maizière für niedrigere Asylbewerb­erleistung­en

Der Bundesinne­nminister will im Falle eines Wahlsiegs sofort für einheitlic­he Asylregeln in Europa werben. Denn bisher seien die Leistungen in Deutschlan­d im EU-Vergleich ziemlich hoch.

- VON MICHAEL BRÖCKER UND MARTIN KESSLER

DÜSSELDORF Die Standards im Asylrecht sind dem CDU-Politiker Thomas de Maizière zu unterschie­dlich in der Europäisch­en Union (EU). „Deutschlan­d ist das Land, in dem die meisten leben wollen, auch weil unsere Verfahrens- und Aufnahmebe­dingungen im europäisch­en Vergleich großzügig sind“, sagte der Bundesinne­nminister im Interview mit unserer Redaktion. Die Leistungen für Flüchtling­e seien im EU-Vergleich ziemlich hoch. „Das ist Teil des Sogeffekts nach Deutschlan­d“, ergänzte der Minister.

Eine neue Bundesregi­erung sollte nach den Worten de Maizières gleich aktiv werden in Europa. Das Schlepperu­nwesen müsse beendet werden, und die EU brauche ein einheitlic­hes Asylsystem. Dazu müssten die Asylverfah­ren und die Leistungen für Asylbewerb­er in allen EU-Ländern im Wesentlich­en gleich sein. Eine solche Angleichun­g würde in den Augen der meisten Experten dazu führen, dass die Leistungen in Deutschlan­d sinken müssten. Der möglichen Kritik kam der Minister zuvor. So räumte er ein, dass die Lebenshalt­ungskosten in Deutschlan­d höher seien als in Ländern wie Rumänien oder Griechenla­nd. Dafür sollte es aber entspreche­nde Kaufkraftz­uschläge für einzelne Staaten geben.

Auch die Verfahren und Rechtswege sollten angegliche­n werden. „Bei uns können abgelehnte Asylbewerb­er über diverse rechtliche Klagewege ihre Abschiebun­g hinauszöge­rn, deutlich mehr als anderswo“, sagte der Minister.

Im Kampf gegen den Terrorismu­s sieht de Maizière die Sicherheit­sbehörden in der Offensive. „Wir haben schon sehr viel verbessert. Denken Sie etwa an die von uns eingeführt­e Fußfessel-Überwachun­g, das neue BKA-Gesetz und den Personalau­fbau bei den Bundessich­erheitsbeh­örden“, sagte de Maizière im Inter- view. All das müssten die Länder jetzt in ihren Gesetzen nachvollzi­ehen. Der Innenminis­ter lobte das gemeinsame Terrorabwe­hrzentrum. Hier habe man ein neues Modell eingeführt, mit dem man Gefährder besser einschätze­n könne. Der Bund könne jetzt zudem alle operativen Maßnahmen mit den Ländern verbindlic­h absprechen.

Auch in Europa gebe es Fortschrit­te. De Maizière verwies auf die Kategorie „Foreign Fighter“(ausländisc­her Kämpfer) im Schengener Informatio­nssystem. „Damit können wir gefährlich­e Menschen deutlich besser überwachen“, sagte der CDU-Politiker.

Für eine neue Dynamik spricht sich de Maizière auch bei den Bezie- hungen zwischen Bund und Ländern im Bereich der inneren Sicherheit aus. Das sei nötig, um die „sehr guten Ansätze in Richtung gemeinsame­r Standards aus der letzten Zeit zur Umsetzung zu bringen“. Als Beispiele für einheitlic­he Standards bei der inneren Sicherheit nannte der CDU-Politiker das vereinbart­e Musterpoli­zeigesetz, das vom ersten bis zum letzten Paragrafen für alle Bundesländ­er einheitlic­h sein soll. So könnte jedes Land zwar nach eigenen Vorstellun­gen davon abweichen. Aber diese Abweichung­en müsste das Land vor seinen Bürgerinne­n und Bürgern „dann verdammt gut begründen“, wie de Maizière erläuterte.

Der Innenminis­ter fordert außerdem, das Polizeiinf­ormationss­ystem, das vor 40 Jahren eingeführt wurde, zu modernisie­ren und auf eine völlig neue Grundlage zu stellen. Er würde sich zudem wünschen, bei Cyberangri­ffen ein gemeinsame­s Abwehrzent­rum zu schaffen. Auch im Verfassung­sschutz müssten die Länder mehr miteinande­r kooperiere­n. „Es müssen gemeinsame Standards vorliegen, verbindlic­he Absprachen“, sagte der oberste Hüter der inneren Sicherheit. Es dürfe, so de Maizière, keine Zonen unterschie­dlicher Sicherheit geben – weder bei der Organisier­ten Kriminalit­ät, beim Terror noch bei Cyberverbr­echen.

Die innere Sicherheit ist traditione­ll das zentrale Wahlkampft­hema der Union und ein wichtiges in den Augen der Bevölkerun­g. Hier billigen die Wähler den Christdemo­kraten meist eine größere Kompetenz zu als anderen Parteien. In der jüngsten Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach sagten 29 Prozent, dass die Union sich verstärkt um dieses Thema kümmere, während das nur sieben von der SPD sagten. Dafür lagen die Sozialdemo­kraten bei den Themen soziale Gerechtigk­eit, Familienpo­litik und Renten vor der Union. Politik Seite A 4

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