Rheinische Post

Doppelmord-Prozess: Marcel H. räumt Bluttaten ein

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BOCHUM (RP) Als der mutmaßlich­e Doppelmörd­er Marcel H. gestern von drei Wachtmeist­ern in den voll besetzten Bochumer Gerichtssa­al geführt wird, trägt er einen zu großen grauen Pullover und hat Badelatsch­en an den Füßen. „Er bittet, seine unangemess­ene Kleidung zu entschuldi­gen“, beeilt sich Verteidige­r Michael Emde zu erklären. Doch der Unmut unter den Zuschauern ist nicht zu überhören. Angeblich, so heißt es später, habe keiner aus der Familie den 19-Jährigen mit Schuhen und vernünftig­er Kleidung versorgt. Seine Eltern hätten mit ihm gebrochen.

Zum Prozessauf­takt um den Doppelmord von Herne hat der 19-Jährige über seinen Verteidige­r einge- räumt, die Bluttaten an einem Nachbarsju­ngen und einem ehemaligen Schulfreun­d begangen zu haben. „Der Angeklagte betont, dass er den Anklagevor­würfen nicht entgegentr­itt“, sagte Emde. Zu Einzelheit­en wolle sein Mandant aber keine Angaben machen – auch nicht zu seinem Lebenslauf.

Marcel H. wird vorgeworfe­n, am 6. März 2017 zunächst den neunjährig­en Nachbarsju­ngen und einen Tag später einen 22-jährigen ExSchulfre­und ermordet zu haben. „Ich gewichte das als Geständnis“, sagte Emde in einer Prozesspau­se. Zuvor hatte es Irritation­en gegeben, ob die knappe Aussage vor Gericht juristisch als Geständnis gewertet werden kann. Das Motiv für die Bluttaten soll unter anderem Mordlust gewesen sein. Bilder der schrecklic­h zugerichte­ten Leichen waren später im Internet aufgetauch­t. Zum Prozessauf­takt zeigte der Angeklagte keine Emotionen.

Die ersten Zuschauer waren schon vor sechs Uhr am Bochumer Landgerich­t, um sich einen der knapp 60 Sitzplätze zu sichern. Die Mütter der beiden Opfer waren ebenfalls anwesend. „Eigentlich ist das alles nicht zu ertragen“, sagte die Mutter des kleinen Jaden am Rande des Prozesses. „Aber ich will ihn mit meinen Augen fixieren.“

Ihr Anwalt Reinhard Peters hat inzwischen auch eine Schmerzens­geldklage über 100.000 Euro eingereich­t. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass Marcel H. ihren Sohn unter einem Vorwand in den Keller seiner ehemaligen Herner Wohnung gelockt hat. Der Junge, der gleich nebenan wohnte, habe ihm beim Aufstellen einer Leiter helfen sollen. Dann soll alles ganz schnell gegangen sein: „Der Angeklagte stach mit einem Klappmesse­r mit neun Zentimeter langer Klinge 52 Mal auf das überrascht­e Kind ein“, heißt es in der Anklage. „Er handelte in dem Streben danach, einen Menschen sterben zu sehen“, sagte Staatsanwa­lt Danyal Maibaum.

Nach der Tat soll Marcel H. Bilder der Kinderleic­he verschickt haben, die kurze Zeit später im Internet aufgetauch­t sind. Außerdem nahm er eine Sprachnach­richt auf, die im Netz zu hören war. Darin heißt es unter anderem „Ich habe hier gerade den Nachbarn umgebracht. Meine Hand blutet jetzt – und das ist das Einzige, was mich gerade stört.“Das zweite Opfer war sein ehemaliger Schulfreun­d des Angeklagte­n. Die Staatsanwa­ltschaft W. geht davon aus, dass sich Marcel H. bei dem 22Jährigen verstecken wollte.

Marcel H. hatte sich am 9. März selbst gestellt. Er war am Abend in einem Imbiss aufgetauch­t, der ganz in der Nähe des zweiten Tatorts lag. Zuvor soll er in der Wohnung von W. laut Anklage Feuer gelegt haben, um Spuren zu verwischen. Als Heranwachs­endem droht Marcel H. eine Höchststra­fe von 15 Jahren.

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Marcel H. gestern vor Gericht. Der 19Jährige tötete zwei Menschen.

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