Rheinische Post

Ein Kleinod bürgerlich­er Küche

Kulinarisc­h ist der Stadtteil Flehe bisher nicht groß in Erscheinun­g getreten. Das hat sich mit den neuen Besitzern des Fleher Hofs geändert.

- VON BIRGIT WANNINGER

Nach Flehe kommt der normale Düsseldorf­er nur, wenn er dort Verwandte besucht oder beim Schützenfe­st dabei ist. Aber wer fährt schon in den kleinen Stadtteil, um zu essen?

Die Fleher wissen seit Muttertag, dass sie im traditions­reichen Fleher Hof inzwischen einen Kleinod an traditione­ller bürgerlich­er Küche haben. Aber mit Raffinesse. Denn seit Mitte Mai haben nach umfangreic­hen Renovierun­gsarbeiten Dennis Schürmann und Melanie Lorbach das mehr als 100 Jahre alte Backsteinh­aus übernommen, das ihre Vorgänger aus Altersgrün­den aufgegeben haben. Und mit dem jungen Paar ist frischer Wind ins Lokal gekommen.

Dabei haben die beiden den alten Mief aus dem Restaurant herausgeho­lt, aber den Stil behalten. Gutbürgerl­ich eben. Zwei Räume mit po- lierten Tischen und eine klassische Theke, an der sich weiter die Stammgäste auf ein Bier treffen. Gut 50 Gästen bietet das Lokal Platz, und bei schönem Wetter lockt auch die renovierte Terrasse.

Der 31-jährige Schürmann machte seine Ausbildung im Breidenbac­her Hof unter dem damaligen Küchenchef Michael Reinhardt und war zuletzt Souschef im Sterne-Restaurant Berens am Kai. Die Handschrif­t seiner Lehrmeiste­r ist deutlich zu erkennen. Das beginnt beim Brot mit der salzigen Butter, letztere verfeinert er mit grobkörnig­em Meersalz und gibt ihr damit einen aromatisch­en Geschmack. Auch wenn bei unserem Besuch die Butter zu hart war, es lohnt sich zu warten, bis sie weich wird.

Für das Ambiente und den Service ist Lebensgefä­hrtin Melanie Lorbach, die ebenfalls im Breidenbac­her Hof arbeitete, zuständig. Sie beweist ein feines Händchen bei vielen Kleinigkei­ten. Da kommt nicht einfach ein Gericht auf den Teller. Da gibt es jede Menge kleine, rustikale Förmchen und Gläser mit Beilagen oder Dips.

Die Küche ist rheinisch-bodenständ­ig mit Pfiff: Schürmann sagt „mit der Finesse der französisc­hen Küche“. So kommen die Burgunder- schnecken in schmackhaf­ter Kräuterbut­ter (sechs Stück 9 Euro) daher. Allerdings hätten wir uns statt des kräftigen Graubrots lieber etwas Baguette gewünscht. Der Kräutersal­at (4,50 Euro) hat ein würziges Dressing. Beliebt ist die französisc­he Zwiebelsup­pe. Die Blutwurst „Himmel und Ääd“(9,50 Euro) ist wie das Wiener Schnitzel in großer und kleiner Portion erhältlich. Das macht auch Michael Reinhardt. Und Schürmann serviert ein hauchdünne­s Kalbsschni­tzel mit perfekter blasiger Panade. Von dem köstlichen Kartoffel-Gurkensala­t hätten wir gerne etwas mehr gehabt. Der Sauerbrate­n gehört immer auf die wechselnde Speisekart­e. Das gilt auch für die „alte Kuh vom Lavasteing­rill“(24 Euro). Etwas Besonderes für Fleischlie­bhaber, stammt das Rumpsteak doch vom TxogitxuRi­nd aus dem Baskenland. Serviert wird es mit herrlich-knusprigen selbst gemachten Fritten. Die Spezialkar­te bietet momentan allerlei von der Artischock­e (9,60 Euro) und jetzt Muschelger­ichte (19,80 Euro). Schürmann interpreti­ert neu: Die Zubereitun­g ist eleganter mit in Julienne geschnitte­nem Gemüse und weniger Zwiebeln, dafür mit Weiß- wein und weniger scharf. Bleiben die Desserts. Empfehlens­wert: die Sorbets. Intensiv im Geschmack das Zitronenso­rbet (4 Euro) mit Wodka oder das Pfirsichso­rbet mit prickelnde­m Himbeersod­a. Die Küche ist fantasievo­ll, nur am Service muss noch gearbeitet werden. Er ist zwar sehr freundlich. Aber im voll besetzten Haus sind zwei Fachkräfte zu wenig.

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