Rheinische Post

Die Spur führt in den Stau

Richy Müller und Felix Klare suchen im Stau nach einem Mörder. Ein anstrengen­der und guter Tatort.

- VON BARBARA GROFE

STUTTGART Wenn das Ziel dieser ersten Tatort-Minuten ist, den Zuschauer co-aggressiv zu machen, muss man sagen: Mission erfüllt. Ein Mann wird von seinem Chef gedrängt, nach Feierabend noch ein Päckchen wegzubring­en. Ein Vater kommt zu spät in die Kita seines Sohnes und wird dann noch pädagogisc­h wertvoll von der Erzieherin zugeschwäb­elt. Eine Managerin spricht mit ihrem Chauffeur, als wäre der ein Insekt. Gemeinsam haben diese Menschen, was dann passiert: Sie setzen sich in ihre Autos und fahren in einen Stau, der Stuttgart lahm legt. Dieser Stau ist das Setting für den neuen Tatort mit Richy Müller und Felix Klare. Er ist ein bisschen wie der „Mord im OrientExpr­ess“auf der Straße – und er ist verdammt gut.

Thorsten Lannert (Müller) und Sebastian Bootz (Klare) werden verständig­t, weil es eine Tote in einem Wohngebiet gibt. Der einzige Weg weg von dort führt in den Stau, was heißt: Die Wahrschein­lichkeit, dass sich der Täter auch dort befindet, ist groß. Heißt aber auch: Die Kommissare haben für ihre Ermittlung­en nur so lange Zeit, wie der Stau dauert. In diesem wird gestritten und genölt, geheult und palavert, es ist dunkel und usselig, Menschen haben Angst, sind genervt. Jeder Wagen ist ein eigener kleiner Kosmos mit eigener, geschlosse­ner Geschichte.

Gedreht wurde der zweite neue „Tatort“nach der Sommerpaus­e in einer Freiburger Messehalle. Dort wurde die gesamte Straße nachgebaut. Die Aufnahmen der Stadt, das Panorama im Hintergrun­d, wurden später per Bluescreen eingefügt. Anders, so sagt Regisseur Dietrich Brüggemann, wäre das nicht möglich gewesen: Man kann schließlic­h auf der Neue Weinsteige, eine der zentralen Straßen Stuttgarts, nicht über Wochen drehen.

Brüggemann beschreibt in „Stau“, was mit Menschen passiert, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen, wenn sie die Kontrolle verlieren. Und er beschreibt das so gut, dass man als Zuschauer erst ein bisschen und dann sehr ungeduldig wird und sich nichts mehr wünscht, als dass sich dieser elende Stau endlich auflöst und der Täter gefunden wird.

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Lannert (Richy Müller, l.) und Bootz (Felix Klare) ermitteln in einem Stau auf der Stuttgarte­r Weinsteige.

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