Ministerin für Verteidigung im Palais Wittgenstein
Wer war zu Besuch? Bundesministerin für Verteidigung Ursula von der Leyen (CDU) Was war der Anlass? Der Kreisverband der CDU hatte zum Wahlkampfauftritt in das Palais Wittgenstein eingeladen. Mit der Ministerin auf der Bühne saßen die Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel und Thomas Jarzombek sowie Landtagsabgeordnete Angela Erwin. Von der Leyen gab einen flotten Rundumschlag über die Verdienste und Positionen der Union. Wie weit es das Land gebracht habe, illustrierte die Ministerin mit einer Rückschau in ihre Familiengeschichte zu Zeiten, als Genscher auf dem Telefon mit Wählscheibe anrief. Für den Blick in die digitale Zukunft schilderte sie Eindrücke von ihrer Reise nach Estland, wo ein Chip viele Aktionen regelt, die bei uns mit einem amtlichen Papierwust verbunden sind. Lob gab es für Pantels Einsatz bei der Durchsetzung der Mütterrente. Fragen der Zuhörer zur Sicherheits- und Außenpolitik mit kritischem Unterton brachten die Ministerin nicht aus der Ruhe („Da bin ich bei Ihnen“). Wichtigste politische Forderung? Der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule müsse nun der nächste Schritt sein, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern, sagte von der Leyen. stz
Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hat wiederholt seine Wertschätzung für Vorvorgänger Joachim Erwin (CDU) zum Ausdruck gebracht. Dass nach dem Christdemokraten nun ein Platz am Kö-Bogen benannt ist, ist in erster Linie Geisels Hartnäckigkeit zu verdanken. Er hätte sicher gerne, wenn man einmal von ihm mit ähnlicher Wertschätzung spräche wie von Erwin. Der CDU-Mann, der von 1999 bis 2008 als OB amtierte, war ehrgeizig und ein Workaholic. Das ist auch Geisel, aber Erwin war temperamentvoller und im Gegensatz zu Geisel fast immer pünktlich.
Die Launen des Joachim Erwin sind legendär, und so wundert es nicht, dass er ein besonders fleißiger Produzent ungewöhnlicher Geschichten war. Er warf Gesprächspartner aus seinem Büro, wenn ihm deren Vorschläge nicht in den Kram passten. Ein leitender Mitarbeiter der Messe, der in einer größeren Runde ein paar Bemerkungen mit einem Nachbarn austauschte, wurde laut angeblafft – er solle sein Maul halten oder fliege raus. Die Umweltdezernentin Helga Stulgies (Grüne) wurde gegen seinen Willen vom Stadtrat gewählt. Das ließ er sie spüren. Die Dezernentin erhielt kein Büro in der Innenstadt, sondern wurde in einer Zweigstelle des Sozialamts in Flingern untergebracht.
Einem Journalisten warf Erwin bei einer Pressekonferenz vor, er stelle Fragen „wie der verrückte Kommunist bei mir im Stadtrat“. Die Schmähkritik führte vors Amtsgericht, wo Erwin verschmitzte Ausreden feilbot. Er habe den PDSRatsherrn nicht beleidigen wollen und das Wort „verrückt“habe in Düsseldorf eine harmlose Bedeutung. Zum Beweis legte er einen Flyer des Kochs Eckart Witzigmann vor, der für sein „völlig verrücktes Restauranttheater“warb. Erwin meinte, im Karneval sei „verrückt“sogar eine Auszeichnung – vergebens, er setzte sich nicht durch.
Bei den großen Zielen griff der CDU-Politiker teils zu sehr fragwürdigen Methoden. Alles andere als lustig fanden die Mitarbeiter der Stadtwerke den Verkauf einer zweiten Tranche der Unternehmensanteile an die EnBW AG. Einen solchen Schritt hatte Erwin im Gespräch mit den Betriebsräten als nicht geplant ausgeschlossen, um ihn kurz vor Fristende dann doch zu gehen. Für große Protestaktionen oder den erneuten Start eines Bürgerbegehrens war es da zu spät.
Solche Schlachten hatte Nachfolger Dirk Elbers (CDU) nicht zu schlagen, dafür war er nicht der Typ. Schon als Fraktionschef hatte er jedoch gegen Erwin den längeren KöBogen-Tunnel bis zum Theatermuseum durchgesetzt. Den Abriss des Tausendfüßlers zog er durch. Im Gegensatz zu Erwin, der eine „Resolution gegen das Pennertum“unterstützt hatte, meinte Elbers, auch Obdachlose gehörten zur Stadt. Solche Bonuspunkte verspielte er schnell, bald war zu hören, er reagiere häufig „pikiert“.
Macht der Mann das Amt oder das Amt den Mann? Bei Elbers zeigte sich, dass der große Druck von außen zu Abschottung und Dünnhäutigkeit führte. Er verließ sich nur noch auf seine engsten Mitarbeiter. Gute Ratschläge selbst von engen Parteifreunden drangen nicht durch. Den immer größer werdenden Druck auf dem Wohnungsmarkt nahm Elbers zunächst kaum wahr. Er fand es nicht schlimm, wenn einige Menschen in Düsseldorf keine Wohnung mehr finden könnten. Im Ruhrgebiet, so sagte er später, wolle man „nicht tot überm Zaun hängen“. Das größte Eigentor war jedoch der Streit mit Düsseldorfer Feuerwehrleuten, als es um die Bezahlung von Überstunden ging. Wo ein Erwin die Wehrleute nach fragwürdigen Posts auf Facebook ins Büro bestellt und zusammengebrüllt hätte, startete Elbers Disziplinarverfahren. Ein großer Baustein der Rampe, an deren Endpunkt die Abwahl stand.
Thomas Geisel gibt heute den agilen Alleskönner und zähen Marathonläufer. Er hat sich meist in der Gewalt, sein Umgang mit den Chefs städtischer Tochtergesellschaften jedoch kann rabiat sein. Viele mussten gehen, allen voran, nach dem Streit um Ausschüttungen, Sparkassenchef Arndt Hallmann. Unter Erwin wurde das Wort vom ,Konzern Stadt’ geprägt; Manager Geisel ist der kommunalpolitisch unerfahrene Vorstandschef, der auf „gute Deals“abonniert ist und seinen Willen durchsetzt. Seine Alleingänge und die Auftritte seines engen Beraters Peter Kluth füllen irgendwann ein Buch. Diese Woche hat ihm der ehemalige Stadtdirektor HansHeinrich Grosse-Brockhoff den Spiegel vorgehalten und im Streit um das Photo Weekend einen „unsäglichen Stil“vorgeworfen, weil er Kulturdezernent Hans-Georg Lohe indirekt dem Vorwurf der Vetternwirtschaft ausgesetzt habe. GrosseBrockhoff erhält von vielen Seiten Zuspruch für seinen Brief. Ob Geisel aus dieser Kritik lernt, darf bezweifelt werden. Anders als seine beiden Vorgänger hält er kritische Berichterstattung aber aus und druckt sie im städtischen Pressespiegel ab. Das kann zwar erst auf Seite 50 passieren, aber immerhin.