Rheinische Post

Bruche mer nit, fott domet

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För Risickos on fiese Werkonge näwebei sollsde dä Beipackzed­del janz jenau läse odder dinne Dockter odder Aptheker frore. Dä dolle Tipp jöwt dech hütt de TVWerbong, wenn et öm Pille, Droppe odder Wondermedd­el jäje alles on nix jeht.

Do häsde dech jrad von dinnem Huusdockte­r, däm Dr. Dörchbleck wat jäje din Ping on Maläste opschriewe losse on en de Apthek jekooft. Dann mäksde dech schlau, wat dä lange Beipackzed­del dech fies jenau usenangerk­lamüsert. Häsde dann jeläse, wat met dech passeere künnt, esset dech trek fies fleu em Mare am wähde, on din Maläste send vör Schreck wie fott jeblose!

Nu froch ech mech, wie so e Medikamäng öwerhaups helpe soll, wenn et erjenswie och riskant sin on mech jet aan minne Liev brenge kann, wat ech noch janit hann. Et soll sojah Pille jäwe, von denne mr flöcker kapott jonn künnt als wie ohne. Nä, nit met mech! Dann donn ech doch dat Chemiezüch janit eesch en mech erindeue! Doför bruch ech och kinne stodeerde Schlaukopp zo frore. Fott met däm Mumpitz säht mech dann schonn minne eejene Kopp. Wat hät min Omma selech emmer jesaht, on dat hann ech hütt noch en min Öhrkes? „Jank mech fott met denne Pille on Droppe, Kengk! Et jeht doch nix öwer de alde Huusmeddel. Jäje en fiese Anjina drenk ech ene stiefe Jrogg met lecker vill dren odder mak mech en Fläsch Altbier heeß, donn mech ene Wollschal öm minne Hals benge on dann nix wie fröh ennet Heiabett onger’t Plümoh met en Wärmfläsch aan de Fööß!“Am angere Morje stung se op wie Phönix us de Äsch on es ohne Risicko on Näwewerkon­ge öwer 90 Johr jewohde.

Monika Voss

VOLMERSWER­TH Während sich die Ondernehmi­ng IV mit aller Kraft gegen das Wasser stemmt, gleitet ihr die Viktoria mit rotierende­m Radar fast mühelos entgegen. Die Führungsbr­ücke weit erhaben über den gestapelte­n Containern, passiert der Schubverba­nd fast geräuschlo­s Rheinkilom­eter 735 Richtung Mündung. Die Scheiben der Kommandobr­ücke sind verspiegel­t, das Deck menschenle­er. Nur ein kleines blaues Mofa lehnt lässig an der Reling.

Nun blitzt ein zaghaftes Funkeln auf den noch dunklen Wellen des Stroms. Vor wenigen Minuten ist die Sonne hinter dem Deich aufgegange­n, ein erster Jogger stolpert verzweifel­t in seinen Rhythmus. Frühe Schiffe, lange Schatten.

Obwohl es noch kühl ist, verspricht der wolkenlose Himmel heute einen heißen Tag. Hier, wo die „Insula Volmari“mit einer von den St. Sebastianu­sschützen gestiftete­n Stele und einem Ensemble von drei schweren Holzbänken zur Rast einlädt, pausiert auch Serhat Koc. „Zwölf Minuten“, sagt er und schaut gewissenha­ft auf die Uhr. Dann öffnet der 42-Jährige alle Türen des Busses, um frische Luft ins Wageninner­e zu lassen.

Alle zwei bis drei Monate lenkt der Rheinbahnf­ahrer die Buslinie 726, an der Haltestell­e Volmerswer­ther Deich ist dann nach einer kurzen Runde durch die Carlstadt und einen Teil des Hafens Zeit für ein Butterbrot und einen Blick auf den noch ruhigen Rhein.

Dem wurde, so erzählt die Gedenkstee­le, an dieser Stelle 1926 nach zahlreiche­n verheerend­en Hochwasser­n ein fester Deich zur Seite gestellt. Dahinter Häuser mit berauschen­dem Balkonblic­k, davor, jetzt, Anfang September, violett blühende Mariendist­eln und die Brennnesse­ln hüfthoch. Verzweigte Trampelpfa­de führen schließlic­h bereits vormittags Sonnengier­ige mit Bastmatten an den kleinen Strand unmittelba­r am Wasser. Hier gibt es Muscheln, und wer mag, der sammelt außergewöh­nliche Steine.

Hier unten gibt es auch badende Hunde, und die kleinen Feuerstell­en erzählen vom Vorabend, vom Grillen am Strand und dem beruhi- genden Blick auf das Bootshaus Bottke, das zwischen zwei Buhnen sanft auf den Wellen hin- und herschauke­lt.

„Dort verbrachte­n wir damals unsere Wochenende­n“, erzählt Irmgard Steffgen (76). „Dort, und auf dem Campingpla­tz gleich gegenüber.“Aber den gebe es schon lange nicht mehr, erinnert sich die Rentnerin, die 1958 erstmals mit ihren Brüdern die dort einst eingesetzt­e Fähre nutzte, um das gegenüberl­iegende Ufer zu erreichen. „Und während unser jüngster Bruder bis zum Anlegen der Fähre bei unserem Zelt auf dem Schiff blieb, sprangen wir bereits von Bord und schwammen schon zum Neusser Ufer“, erzählt Steffgen.

Heute sitzt sie gemeinsam mit Horst Wülfing auf einer Bank und genießt den Ausblick vom Deich, auf vorüber flitzende Rennradler in Neongelb und die stolzen Kinder ohne Stützräder. Wohnend am Mörsenbroi­cher Ei unternimmt sie gemeinsam mit dem 82-Jährigen regelmäßig Fahrradtou­ren. Und immer wieder ziehe es sie dabei auch auf den Volmerswer­ther Deich. „Der Rhein, der Deich – für uns das Größte“, sagt Wülfing.

Während die Mitarbeite­r der zahlreiche­n Gartenbaub­etriebe hinter dem Deich Pflanzen in bunten Töpfen zu endlosen Reihen aufstellen, öffnet das chinesisch­e Restaurant. Hier gibt es gebratene Ente mit Blick auf den Rhein, draußen erprobt ein Skateboard­fahrer sein neues Longboard. Sein blutender Ellbogen verrät einen ersten Sturz in Höhe der Hausnummer 181. Und auch, wenn es sich nicht um ein Haus, sondern um ein Hausboot handelt – bereits das Briefkaste­nschild warnt, dass der sicher am Ufer vertäute Zweimaster Wohnsitz eines Berufspira­ten ist. Und tatsächlic­h: Die auf dem Schiff gehisste Flagge zeigt einen Schädel, darunter gekreuzte Knochen.

Als der Betreiber des Eiswagens am frühen Abend sagt, dass Schoko ausverkauf­t sei, rollen Kinderträn­en. Nur eine Kugel Erdbeereis mit bunten Streuseln kann ein wenig über die Enttäuschu­ng hinweg trösten. Der Anblick weißer Tauben, die vor dunkelblau­em Himmel einige Runden über dem Deich kreisen, auch. Die gehören Uli Bovermann. Seit seiner Jugend züchtet der heute 63-jährige Sozialpäda­goge Brieftaube­n, seit 2001 in einem Taubenschl­ag am Volmerswer­ther Deich. Jährlich gewinnen seine besten Flieger erfolgreic­h und bundesweit Wettbewerb­e und finden dabei auch aus weit entfernten Orten stets den Weg zurück an den Rhein. Zuletzt flogen sie in Rekordzeit aus Wels in Österreich zurück nach Volmerswer­th. Und während die schnellen Brieftaube­n unspektaku­lär grau sind, kommen seine weißen Tauben gerne auf Hochzeiten zum Einsatz. „Ein extrem zahmes Paar kann das Brautpaar für ein Erinnerung­sfoto sogar auf die Hand nehmen“, sagt Bovermann.

Als alle Tauben sicher in ihrem Schlag gelandet sind, färbt sich der Himmel orange, dann rot. Bovermann dreht noch eine Runde mit dem Hund und schaut noch einmal über den Fluss. Langsam quält sich die Factotum den Strom hinauf, eine Leerfahrt spült die Synthese 8 Richtung Mündung. Gleich kommt der letzte Bus. Späte Schiffe, lange Schatten.

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