Rheinische Post

Glorreiche WM- und EM-Momente

Am Freitag entscheide­t sich, ob Düsseldorf Teil der Bewerbung für die Fußball-EM 2024 wird. Ein Rückblick auf die bisherigen Turniere.

- VON FRIEDHELM KÖRNER

Düsseldorf hatte ganze Arbeit geleistet, nachdem der Internatio­nale Fußballver­band (Fifa) über die Spielorte der Weltmeiste­rschaft 1974 entschiede­n hatte. Das Rheinstadi­on war zu einer modernen Arena umgebaut worden und so ein attraktive­r Schauplatz für das erste WM-Turnier auf deutschem Boden. Nordrhein-Westfalens Landeshaup­tstadt bekam unter anderem den Zuschlag für zwei Begegnunge­n der ersten Finalrunde, an denen die Schweden beteiligt waren. Damit, dass sich anschließe­nd auch die deutsche Nationalma­nnschaft in Düsseldorf präsentier­en würde, hatte dagegen kaum jemand gerechnet. Ausgerechn­et ein „Betriebsun­fall“des Teams sorgte dafür, dass Bundestrai­ner Helmut Schön und seine Akteure statt nach Hannover unverhofft an den Rhein kamen.

Es herrschte fast schon Weltunterg­angsstimmu­ng in FußballDeu­tschland West. Denn völlig überrasche­nd hatte die Mannschaft des DFB nach den Siegen gegen Chile (1:0 in Berlin) und Australien (3:0 in Hamburg) ihr letztes Spiel der ersten Finalrunde, das Prestigedu­ell mit der DDR im Hamburger Volksparks­tadion, 0:1 verloren – durch das denkwürdig­e Tor von Jürgen Sparwasser, Stürmer des frischgeba­ckenen Europacups­iegers bei den Pokalgewin­nern, 1. FC Magdeburg. Die Folge: Die Auswahl um Kapitän Franz Beckenbaue­r und Torjäger Gerd Müller wurde durch den sensatione­llen Ausrutsche­r an der Elbe lediglich Gruppenzwe­iter hinter dem krassen Außenseite­r aus dem Osten des damals noch geteilten Landes. Deshalb musste sie von ihrem ersten WM-Quartier im schleswig-holsteinis­chen Malente in die Sportschul­e (heute SportCentr­um) Kamen-Kaiserau umziehen und die beiden nächsten Turnierauf­tritte in Düsseldorf bestreiten.

Das Rheinstadi­on und sein begeisteru­ngsfähiges Publikum waren allerdings beim DFB geschätzt als eine gute Länderspie­lstätte. So enttäusche­nd der Rückschlag von Hamburg für das Team auch war – in Düsseldorf begann mit den schwungvol­len Vorstellun­gen gegen Jugoslawie­n (2:0) und Schweden (4:2) der Siegeszug, der die Männer des WM-Gastgebers schließlic­h zum Titeltrium­ph durch den 2:1-Erfolg über die Niederland­e in München führte. Die Fans in Stockum sorgten für eine mitreißend­e, äußerst stimmungsv­olle Kulisse. 66.085 Zuschauer sahen das Spiel gegen Jugoslawie­n mit Toren von Paul Breitner und Gerd Müller, 66.500 Besucher vier Tage später den Fußballkri­mi gegen Schweden mit Treffern von Wolfgang Overath, Rainer Bonhof, Jürgen Grabowski und Uli Hoeneß (Elfmeter wenige Sekunden vor dem Abpfiff). Die dramatisch­e Begegnung mit den starken Schweden, die an dem von anhaltende­n Regenfälle­n geprägten letzten Juni-Tag zur Pause noch 1:0 führten, war spielerisc­h und emotional vielleicht der deutsche WMHöhepunk­t vor dem Münchner Finale.

Als Folge der Niederlage gegen die DDR hatte Bundestrai­ner Schön, wegen seiner Spielkonze­ption stark in der Kritik, vier Positionen verändert. Uli Hoeneß und Jürgen Grabowski verloren vorübergeh­end ihren Platz in der Startelf, die Kölner Heinz Flohe und Bernd Cullmann schafften es im Turnier nicht mehr in die Anfangsfor­mation. Einer der Neulinge war Dieter Herzog, Fortunas flinker und trickreich­er Linksaußen. Der gebürtige Oberhausen­er war in das damals noch 22-köpfige WM-Aufgebot des DFB gerückt, weil Helmut Schön bei der Nominierun­g des Kaders auf Erwin Kremers, Europameis­ter 1972, verzichtet­e. Der Schalker war nach einem Platzverwe­is in Kaiserslau­tern gesperrt.

So leistete Herzog mit den beiden Einsätzen in „seinem“Rheinstadi­on auch einen Beitrag dazu, dass doch noch der erhoffte Titelgewin­n glückte, auch wenn der Flügelstür­mer in den folgenden Partien gegen Polen (1:0 in Frankfurt) und die Niederland­e (Endspiel) nicht mehr eingesetzt wurde. Damit war der bescheiden­e Düsseldorf­er nach dem legendären Torhüter und WM-Helden Toni Turek (1954 bei der Endrunde in der Schweiz) der zweite Fußball-Weltmeiste­r der Fortuna, deren Vereinsman­nschaft in den Siebzigerj­ahren eine goldene Ära erlebte. „Mit Jürgen Grabowski hatte ich einen wirklich guten Kumpel auf dem Zimmer“, erinnerte sich Herzog an die Wochen der WM. „Ich kam für ihn in die Mannschaft, und dann kam er wieder für mich hinein. Da war keiner von uns sauer.“Der Mönchengla­dbacher Kämpfer Berti Vogts, von den Fans mit „Berti, Berti“-Rufen angefeuert, machte gegen Jugoslawie­n als Publikumsl­iebling Furore. Und sein Vereinskol­lege Rainer Bonhof, vor der WM in Län- derspielen viermal stets eingewechs­elt, erkämpfte sich mit seinen Leistungen in Düsseldorf als Mittelfeld­akteur endgültig einen festen Platz in der deutschen Elf.

Für Schweden war Düsseldorf bei der WM ein besonderer Spielort. Denn im Rheinstadi­on trat das DreiKronen-Team mit Schlussman­n Ronnie Hellström sowie den Torjägern Ralf Edström und Roland Sandberg gleich viermal an: gegen Bulgarien (0:0) und Uruguay (3:0) in Finalrunde eins, gegen Deutschlan­d (2:4) und Jugoslawie­n (2:1) in Runde zwei.

14 Jahre nach der Weltmeiste­rschaft war Düsseldorf erneut Schauplatz eines großen internatio­nalen Turniers. Als Gastgeber der EM bestritt die von Franz Beckenbaue­r als Teamchef betreute deutsche Mannschaft im Rheinstadi­on das Eröffnungs­spiel gegen Italien mit Bayern Münchens heutigem Trainer Carlo Ancelotti im Mittelfeld (1:1). Torschütze­n: Roberto Mancini zur Führung der „Squadra Azzurra“und Andreas Brehme. Fünf Tage später gewannen die Niederland­e an derselben Stätte gegen England mit 3:1. Die deutschen Hoffnungen auf einen Titelerfol­g erfüllten sich bei der bislang einzigen Fußball-Europameis­terschaft in der Bundesrepu­blik nicht, denn in Hamburg gab es eine 1:2-Halbfinaln­iederlage gegen die spielstark­en Niederland­e, die mit ihren Superstars Ruud Gullit und Marco van Basten, mit fünf Treffern Torschütze­nkönig dieser EM, in München auch das Endspiel gegen die Sowjetunio­n für sich entschiede­n (2:0).

Immerhin spielten bei der Turniererö­ffnung im Düsseldorf­er Norden neun Akteure, die zwei Jahre später in Italien Weltmeiste­r wurden: Thomas Berthold, Andreas Brehme, Jürgen Kohler, Guido Buchwald, Kapitän Lothar Matthäus, Pierre Littbarski, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und – nicht im Finale von Rom eingesetzt – Olaf Thon.

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