Rheinische Post

Ein Tag am Flughafen

An den Sicherheit­schecks herrscht Chaos. Die Mitarbeite­r fühlen sich überarbeit­et. Die Bezirksreg­ierung hat sich eingeschal­tet.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Özay Seit Wochen gibt es Beschwerde­n über die Abläufe am Flughafen. Mal stand das Gepäckband, dann dauerten die Sicherheit­skontrolle­n zu lang, obendrein Verspätung­en. Wir haben das Geschehen einen Tag lang beobachtet. 3.30 Uhr Die erste Schicht für die Mitarbeite­r der Firma Kötter beginnt. Bald kommen die ersten Passagiere. „Seit Wochen müssen wir 12, 13 Stunden Schichten schieben, das ist unerträgli­ch, wir brauchen mehr Mitarbeite­r“, sagt Giovanni M., der seinen wahren Namen nicht nennen möchte, aus Angst, seinen Job zu verlieren. 5.50 Uhr Massen von Menschen stehen Schlange vor dem Eingang zum Sicherheit­sbereich im Flugsteig A. Wie in den vergangene­n Tagen dauern die Kontrollen zu lang, Gewerkscha­fter und Flughafen geben der Firma Kötter die Schuld, die in den Sommermona­ten viel zu wenige Sicherheit­smitarbeit­er einsetze. Die Passagiere sind sauer bis gereizt. „Unsere Leute werden hier teils unflätig beschimpft, das ist ein Unding“, sagt Torsten Bogulla, Betriebsra­tschef der Firma Kötter. „Es wird der Tag kommen, dann werden Passagiere handgreifl­ich. Die Polizei musste in den Vortagen mehrmals die Lage beruhigen.“ 6 Uhr Der erste Flieger an einem der verkehrsre­ichsten Tage des Jahres hebt in Düsseldorf ab. Er geht nach Heraklion auf Kreta. Binnen weniger Minuten folgen Ferienjets nach Kos, Burgas, Mallorca, Antalya und noch zwei Mal Mallorca. 86.000 Passagiere werden für diesen Freitag er- wartet, gut ein Drittel mehr als an einem Durchschni­ttstag am Düsseldorf Airport. 6.48 Uhr In der Facebook-Gruppe „Urlaub in den USA“entlädt sich die Wut der Reisenden. Ein Mitglied schreibt: „Heute ist es wirklich schlimm. Gate A war so überlaufen, dass wir zu Gate B geschickt wurden, und dort durften wir dann zu Gate C rennen . . . Sooooo voll“. Und beschreibt ihre Laune mit einem verzweifel­t blickenden Smiley. 7.30 Uhr Die Schlange vor den Sicherheit­skontrolle­n scheint sich besonders an Flugsteig A nur sehr langsam aufzulösen. Inge Friedrichs hat Angst, ihren Zubringerf­lug für die Reise nach Amerika zu verpassen. 8.30 Uhr Özay Tarim bezieht Station im Terminal. Der Gewerkscha­ftssekretä­r von Verdi kämpft seit Wochen für mehr Pausen, kürzere Schichten und vor allem mehr Personal bei Kötter an den Sicherheit­skontrolle­n. Im Terminal hat er einen Papierwürf­el aufgebaut, auf dem seine Forderunge­n und die der Arbeitnehm­er stehen: „Schluss mit Überlastun­g“und „Die Luftsicher­heit geht baden“ist darauf in großen Buchstaben zu lesen. 9 Uhr Vertreter der Bezirksreg­ierung treffen am Flughafen ein, betrachten die angespannt­e Lage und beraten sich mit Flughafen-Management und den Betriebsrä­ten. Verdi hatte die Beamten wegen Sorge um die Gesundheit der Kötter-Mitarbeite­r alarmiert. 12.45 Uhr Auf der nördlichen Flugbahn landen in kurzem Abstand zwei Airbus A 319 der Flugbereit­schaft der Bundeswehr, also Regierungs­maschinen. Planespott­er Daniel Buntenbroi­ch ist aus dem Häuschen, als die Maschinen von der Besucherte­rrasse aus fotografie­rt. Doch die Kanzlerin oder ein wichtiger Minister sind nicht drin. Die Maschinen sind nur von Köln aus ausgewiche­n, weil dort im militärisc­hen Teil des Flughafens eine Weltkriegs­bombe entschärft wird. 13.30 Uhr Margarete Derkam, Christa Guillaume und Christiane Schulte Braucks aus Dortmund sind extra deutlich früher angereist, mindestens eine Stunde, wegen der Probleme an den Kontrollen. Sie wollen gemeinsam nach Faro, Portugal. Während der Wartezeit gibt es Sekt aus Pappbecher­n. 14 Uhr Verdi-Mann Tarim und Betriebsra­tschef Bogulla treffen sich im Terminal. Beide sind happy. „Die Bezirksreg­ierung fordert Zwangspaus­en nach zwei Stunden, ein Arbeitsmed­iziner soll die Abläufe bei Kötter prüfen, der Weg zum Pausenraum ist Arbeitszei­t“, sagt Tarim. 14.10 Uhr SPD-Bundestags­abgeordnet­er Andreas Rimkus und Polizeigew­erkschafts­sprecher Arnd Krummen fordern die Gründung einer Bundesanst­alt für Luftsicher­heit, die die Kontrollen übernimmt.

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Menschenma­ssen vor der Sicherheit­skontrolle im Flugsteig A gestern Morgen um 5.50 Uhr. Die Schlange zieht sich zu dieser Stoßzeit weit durch das Terminal. Die Gäste sind genervt.
 ??  ?? Flugsteig A um 14.50 Uhr. Die Menschensc­hlange hat sich aufgelöst. Das Schild zeigt an, wie lang sie war.
Flugsteig A um 14.50 Uhr. Die Menschensc­hlange hat sich aufgelöst. Das Schild zeigt an, wie lang sie war.
 ??  ?? Margarete Derkam, Christa Guillaume und Christiane Schulte Braucks (v.l.) sind extra deutlich früher angereist.
Margarete Derkam, Christa Guillaume und Christiane Schulte Braucks (v.l.) sind extra deutlich früher angereist.
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Tarim (Verdi, l.) und Kötter-Betriebsra­tschef Torsten Bogulla.
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Silvia Bielek vor dem Check-In-Schalter auf dem Weg nach Teneriffa.

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