Rheinische Post

Bericht:Bunderwägt härteres Vorgehen gegen Türkei

- VON MATTHIAS BEERMANN BERICHT ERDOGANS RAKETEN-DEAL MIT MOSKAU..., SEITE A 4

BERLIN (RP) Die Bundesregi­erung prüft laut einem Medienberi­cht, ob die Türkei auf eine sogenannte Staaten-Liste gesetzt werden soll. Das Bundesinne­nministeri­um bestätigte auf Anfrage entspreche­nde Recherchen von „Süddeutsch­er Zeitung“, NDR und WDR. Auf dieser Liste befinden sich jene Staaten, in denen Geheimnist­räger aus Nachrichte­ndiensten und bestimmten Bereichen der Polizei und der Bundeswehr mit besonderen Sicherheit­srisiken zu rechnen haben, etwa Einschücht­erungs- und Erpressung­sversuchen.

Die Türkei gab unterdesse­n einen Rüstungsde­al mit Russland bekannt: Türkischen Medien zufolge sollen 2,1 Milliarden Euro für das moderne russische Raketenabw­ehrsystem vom Typ S-400 nach Moskau fließen.

Die Wendigkeit von Autokraten ist schon beeindruck­end: Noch Ende 2015 schienen die Türkei und Russland nach dem Abschuss eines russischen Jets im türkisch-syrischen Grenzgebie­t kurz vor einer militärisc­hen Konfrontat­ion. Nicht einmal zwei Jahre später ordert der türkische Präsident Erdogan bei seinem neuen Freund Putin mit dem Raketensys­tem S-400 das Beste, was die russische Rüstungsin­dustrie zu bieten hat. Für Erdogan geht es freilich um mehr als nur um Waffen, es geht um eine neue strategisc­he Option: weg vom Westen, der ihn für seinen rabiaten Umgang mit politische­n Gegnern zunehmend kritisiert. Und hin zu Putins Russland, wo man ähnliche Umgangsfor­men pflegt.

Es ist ein ungleiches und zugleich gefährlich­es Bündnis: Sollte Erdogan tatsächlic­h glauben, er könne für Putin ein Partner auf Augenhöhe sein, so täuscht er sich maßlos. Die Entfremdun­g der Türkei von ihren westlichen Partnern ist sicherlich ganz im Sinne des Kreml. Dennoch sind die Interessen der beiden Länder in vielen Punkten keinesfall­s deckungsgl­eich. Und Erdogan bleibt unberechen­bar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany