Rheinische Post

Kann ein Ende des Kooperatio­nsverbots den Schulen helfen?

- VON JAN DREBES

BERLIN Gleich mehrere Parteien schreiben sich im Wahlkampf ein Ende des sogenannte­n Kooperatio­nsverbots auf die Fahnen. Hintergrun­d ist, dass sie damit dem Bund mehr Möglichkei­ten für die Finanzieru­ng von Bildungspr­ojekten in den Ländern und Kommunen ermögliche­n wollen. SPD, Grüne, FDP und Linke sehen die Abschaffun­g der im Grundgeset­z verankerte­n Regelung vor, die Union will hingegen daran festhalten. Wir prüfen nach, was die Vor- und Nachteile wären.

Grundlage des Kooperatio­nsverbots ist Artikel 30 der Verfassung, wonach Bildung Ländersach­e ist. Die Idee der Schöpfer des Grundgeset­zes war es, Bildung nicht wie zu Zeiten des Nationalso­zialismus zu zentralisi­eren und so einen Missbrauch des Bildungssy­stems zu verhindern. Das heutige Kooperatio­nsverbot geht auch auf einen Kompromiss der Föderalism­usreform aus dem Jahr 2006 zurück, die die Abhängigke­iten zwischen Bund und Ländern entknoten sollte. Demnach erlaubt Artikel 91b des Grundgeset­zes dem Bund, sich „mit Zustimmung der Länder“an der For- schungsför­derung zu beteiligen. Bei der Neuordnung der Bund-LänderFina­nzen wurde das Kooperatio­nsverbot in dieser Legislatur­periode zudem gelockert, so dass der Bund Geld für die Schulsanie­rung in finanzschw­achen Kommunen geben durfte. Für Hochschule­n galten ohnehin Ausnahmen für den Bund, vor allem für die dauerhafte Finanzieru­ng der Exzellenzi­nitiative an Unis.

Was also sollte eine vollständi­ge Abschaffun­g noch für zusätzlich­e Effekte bringen? Der Hildesheim­er Professor für Bildungsre­cht, Michael Wrase, sieht einen entscheide­nden Vorteil in einer Abschaffun­g, weil damit der Bund nicht nur auf die Finanzieru­ng etwa von Gebäudesan­ierungen beschränkt wäre. „Wenn das Kooperatio­nsverbot fällt, hat der Bund mehr Möglichkei­ten für Investitio­nen, insbesonde­re bei Schulen“, sagt Wrase. Ohne dieses Verbot sei etwa finanziell­es Engagement bei Ganztagssc­hulprogram­men oder dem Ausbau der In- klusion möglich. „Das geht heute nicht.“Die Risiken für die Länder schätzt Wrase als gering ein. „Jede Zusammenar­beit würde auch künftig das Einverstän­dnis der Länder voraussetz­en“, sagt der Rechtsexpe­rte und verweist darauf, dass die Länderhaus­halte deutlich stärker unter Druck stünden als der Haushalt des Bundes. Befürworte­r einer Abschaffun­g erhoffen sich dadurch auch eine größere Angleichun­g von Standards.

Bei denjenigen, die am Verbot festhalten wollen, stößt eben das auf Skepsis. Die Chefin der Kultusmini­sterkonfer­enz, Susanne Eisen- mann (CDU), sagte, es gebe bereits zahlreiche angegliche­ne Standards. Auch der geplante Digitalpak­t zur besseren Ausstattun­g von Schulen sei „Kooperatio­n pur“und trotz Kooperatio­nsverbots möglich. Rückendeck­ung bekommt sie aus der Wissenscha­ft: Der Kieler Erziehungs­wissenscha­ftler Olaf Köller zweifelt am Sinn einer Abschaffun­g. „Kooperatio­nen sind möglich. Nur die Dauerfinan­zierung im Schulberei­ch geht noch nicht“, so Köller. Da gebe es aber auch keine Maßnahmen oder Projekte, die sich bewährt hätten und jetzt dauerhaft unterstütz­t werden müssten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany