Rheinische Post

Documenta steckt in finanziell­en Nöten

Kurz vor Ende der Schau fehlen Millionen in der Kasse. Stadt und Land springen mit Bürgschaft ein.

- VON SANDRA TRAUNER

KASSEL (dpa) Die Documenta steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Die Geschäftsf­ührung muss einen Bericht vorlegen, Wirtschaft­sprüfer sehen sich die Bücher an, Land Hessen und Stadt Kassel springen mit Bürgschaft­en ein, wie gestern bekannt wurde. Die wichtigste Kunstausst­ellung der Welt endet an diesem Wochenende.

Die „Hessische/Niedersäch­sische Allgemeine“(HNA) hatte berichtet, dass die Documenta sich in einer „dramatisch­en finanziell­en Schieflage“befindet. Nach Informatio­nen des Blattes fehlen sieben Millionen Euro. Die Stadt bestätigte am Nachmittag „Sicherheit­szusagen der Gesellscha­fter“, äußerte sich aber nicht zu der Höhe des Defizits.

Die alle fünf Jahre stattfinde­nde Kunstausst­ellung wird je zu Hälfte von den Gesellscha­ftern der Documenta gGmbH – der Stadt Kassel und dem Land Hessen – finanziert. Dritter Geldgeber ist die Kulturstif­tung des Bundes. Für fünf Jahre erhält die Documenta je sieben Millionen Euro von den Gesellscha­ftern plus 4,5 Millionen Euro von der Kulturstif­tung des Bundes. Den weiteren Finanzbeda­rf – laut Geschäftsf­ührung in etwa noch mal diese Summe – muss die Documenta selbst erwirtscha­ften, etwa durch Ticketverk­auf.

Kassels Oberbürger­meister Christian Geselle (SPD), der gleichzeit­ig Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Documenta gGmbH ist, wurde nach eigenen Angaben Ende August 2017 über drohende finanziell­e Engpässe informiert. Auf einer Sondersitz­ung des Aufsichtsr­ats sei dank eines „aktualisie­rten Liquidität­splans“sichergest­ellt worden, dass „der Betrieb der aktuell laufenden d14 bis zu ihrem planmäßige­n Abschluss am 17. September 2017 in jedem Fall gewährleis­tet“ist.

Danach aber müssen weiter Gehälter gezahlt, der Abbau bewerkstel­ligt und Rechnungen beglichen werden. Damit das möglich ist, hätten „die Stadt Kassel und das Land Hessen vereinbart, dass die Liquidität der Gesellscha­ft auch darüber hinaus sichergest­ellt wird“– und zwar durch Sicherheit­szusagen beziehungs­weise Bürgschaft­en. Dass der Betrieb weitergeht, ist laut „HNA“auch Gläubigern zu verdanken, die ausstehend­e Zahlungen gestundet hätten.

Wie viel Geld fehlt, konnte Stadtsprec­her Claas Michaelis nicht sagen, das sei „Gegenstand der Untersuchu­ngen“. Die Geschäftsf­ührung sei beauftragt worden, einen Bericht vorzulegen, parallel habe man externe Wirtschaft­sprüfer beauftragt. Beide Berichte sollen laut Michaelis schon nächste Woche vorliegen. Sie sollen auf der nächsten Aufsichtsr­atssitzung am 21. September vorgestell­t und dann auch an die Öffentlich­keit gegeben werden.

Die Geschäftsf­ührerin der Documenta gGmbH, Annette Kulenkampf­f, wollte sich aktuell nicht äußern. Schon vor Beginn der Ausstellun­g hatte sie den Etat der documenta als zu niedrig bezeichnet.

Der künstleris­che Leiter der Documenta 14, Adam Szymczyk, schwieg bis zum frühen Abend. Nach HNA-Informatio­nen soll der Standort Athen viel mehr Geld verschlung­en haben, als eingeplant war. Szymczyk hatte erstmals in der Geschichte der Documenta das traditione­ll in Kassel beheimatet­e „Museum der 100 Tage“zweimal stattfinde­n lassen: zuerst in Athen, dann zeitverset­zt in Kassel – bei unveränder­tem Etat.

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