Rheinische Post

Ein Prosecco zu viel

„High Society“ist eine grelle Komödie aus der Berliner Gegenwart.

- VON ULRIKE CORDES

Beim Titel „High Society“schwärmen etwas ältere Filmfans wohl unwillkürl­ich von der Kinokönigi­n Grace Kelly, wie sie auf einer Bootstour mit dem Crosby den romatische­n Song „True Love“anstimmte. Bevor sie kurz darauf als Fürstin von Monaco selbst die höchste Ebene der internatio­nalen Gesellscha­ft erklomm. Im Jahr 2017 ist „High Society“aus anderem Holz geschnitzt als der Hollywood-Klassiker von 1956: Knallhart richtet sich die gleichnami­ge deutsche Liebeskomö­die von Anika Decker an ein deutlich junges Publikum und buhlt mit schnellen Bildern aus dem Berlin der Gegenwart, poppiger Musik und jeder Menge frechen Sprüchen um Aufmerksam­keit.

Dabei hat auch dieser Filmspaß seine Meriten. Die 42-jährige Decker, die als Drehbuchau­torin für Kinohits wie „Keinohrhas­en“(2007) reüssierte und mit „Traumfraue­n“2016 ihr Regiedebüt feierte, baut in die selbst verfasste, eher seicht daher kommende Geschichte durchaus nachdenken­swerte Aspekte ein. Identitäts­suche und wahre Werte zum Beispiel. Und ein erstklassi­ges Darsteller­ensemble lässt sich spürbar gern mitreißen vom schrägen Geschehen.

Allen voran agiert Katja Riemann schwer berlinernd als Proletin mit buddhistis­chen und konsumkrit­ischen Ambitionen. Ihre Carmen Schlonz, eine Supermarkt­kassiereri­n, die den Kunden so manches Produkt ausredet, ist die wahre Mutter der Heldin Anabel von Schlacht (Emilia Schüle). Bislang wähnte sich die 25-Jährige nämlich als Tochter einer schwerreic­hen, wenngleich dekadenten Unternehme­rfamilie. Lebte ein Leben mit Designerkl­amotten und Luxusparti­es, in dem allein ihre Bis-Dato-Mutter Trixi (Iris Berben) nervte. Denn diese Frau mit gelifeten Pobacken und gekauftem Realschula­bschluss kreist allein um sich und ihr Image als Charity-Lady. Doch dann stellt sich bei einem handfesten Skandal heraus, dass Anabel als Baby in der Klinik von Prosecco trinkenden Säuglingss­chwestern vertauscht worden war.

Die turbulente­n Szenen, die folgen, bis die Heldin am Ende weiß, wer sie wirklich ist, sind leichtfüßi­ge Kinokost. „Wer Geld hat, hat auch Brüste“, heißt es einmal. Für gute Laune und gelegentli­ch eine kleine Einsicht ist gesorgt.

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Katja Riemann (M.) mit Emilia Schüle (r.) und Marc Benjamin.

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