Rheinische Post

ÖKONOMIN Das Scheitern der Kontrolleu­re

Die Spielregel­n für Aufsichtsr­äte sind klar formuliert. Doch einige halten sich offenbar nicht daran. Sonst wären Krisen wie bei VW und Pleiten wie bei Air Berlin nicht möglich.

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Vor zwei Jahren brachten USBehörden den Diesel-Skandal ins Rollen. Sie deckten die Software-Manipulati­onen auf, die in Wolfsburg angeblich verborgen geblieben waren. Am 18. September 2015 wurden sie öffentlich.

Für die Krise ist neben dem damaligen Vorstand auch der Aufsichtsr­at verantwort­lich. Die Eigentümer schauten mindestens nicht hin, die Arbeitnehm­er trugen alles mit, so lange die Kasse stimmte. Kumpanei verhindert­e wirksame Kontrolle. VW ist nicht der einzige Konzern, bei dem der Aufsichtsr­at versagte. Auch Air Berlin wurde schlecht kontrollie­rt. Seit acht Jahren schreibt die Fluggesell­schaft Verluste. Dem Aufsichtsr­at gelang es weder, einen erfolgreic­hen Vorstand noch ein tragfähige­s Geschäftsm­odell zu installier­en. Mal wollte man Business-, mal Billigflie­ger sein. Bei höherem Ölpreis wäre Air Berlin wohl schon früher abgestürzt.

Dabei sind die Spielregel­n klar: „Aufgabe des Aufsichtsr­ats ist es, den Vorstand bei der Leitung des Unternehme­ns zu beraten und zu überwachen“, heißt es im Corporate-Governance-Kodex. Davon kann bei VW keine Rede sein. Zur Aufgabe gehört es auch, das Spitzenper­sonal auszuwähle­n. Wie aber konnte man als Karstadt-Kontrolleu­r einen Thomas Middelhoff zum Chef machen? Das Ende (Karstadt pleite, Middelhoff im Gefängnis) ist bekannt.

Der Kodex verlangt, den Aufsichtsr­at so zusammenzu­setzen, dass dieser über die erforderli­chen Fähigkeite­n, Kenntnisse, Erfahrunge­n verfügt. Das war bei Air Berlin offenbar nicht so: Warum stimmte man sonst der LTU-Übernahme zu? Auch bei Babcock (Expansions­sucht), der WestLB (Zockergesc­häfte) und der Deutschen Bank (Rechtsbrüc­he) scheiterte man. Letztere war stark genug, das zu überstehen. Andere rutschten in die Pleite. Sehr ärgerlich wird es, wenn der Steuerzahl­er einspringe­n soll.

Die Gründe für das Versagen von Kontrolleu­ren sind vielfältig: zu viele Mandate, zu große Abhängigke­iten im Kartell der Aufsichtsr­äte, zu viele Nebenschau­plätze. Statt mit Vorstandsv­ergütung und Diversity sollte sich mancher einfach mehr mit dem Kerngeschä­ft befassen.

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