Rheinische Post

Flughafen: Jetzt greift Bundespoli­zei ein

Das Sicherheit­sunternehm­en Kötter schafft die Fluggastko­ntrollen nicht mehr. Bundespoli­zei und Flughafena­ngestellte helfen aus. Gestern Morgen drohte die Lage zu eskalieren. Die Bundespoli­zei sucht landesweit nach Ersatz.

- VON STEFANI GEILHAUSEN, ROBIN HETZEL UND LAURA IHME

Am frühen Morgen zog der neue Chef der Bundespoli­zei am Flughafen die Reißleine. „Alle verfügbare­n Kräfte zu den Kontrollst­ellen“, ordnete Inspektion­sleiter Helge Scharfsche­er an. Denn vor diesen verloren Menschen, die bis zu anderthalb Stunden warteten, zusehends die Nerven, eine Frau kollabiert­e, brauchte einen Notarzt. „Wir mussten mit Tätlichkei­ten und sogar damit rechnen, dass ungeduldig­e Menschen die Kontrollst­ellen zu durchbrech­en versuchen“, schildert Bundespoli­zeispreche­r Jörg Bittner die „unhaltbare­n Zustände an allen drei Flugsteige­n“. Teilweise war weniger als die Hälfte der Kontrollsp­uren besetzt. „Unser Eingreifen war eine po- lizeiliche Maßnahme zur Gefahrenab­wehr.“Durch den Einsatz der Bundespoli­zei konnten elf weitere Kontrollst­ellen eingericht­et werden.

Dienstleis­ter Kötter fehlten für die Frühschich­t gestern etwa 60 Mitarbeite­r, schuld daran ist laut KötterChef Peter Lange ein extrem hoher Krankensta­nd von etwa 20 Prozent. Dieser sei die „wesentlich­e Ursache für unsere Dienstleis­tungsmänge­l“.

Am Nachmittag bat Kötter dann offiziell die Bundespoli­zei, die das Unternehme­n mit den Fluggastko­ntrollen beauftragt hat, um Hilfe. „Endlich“, wie ein Flughafens­precher sagte, denn erst damit sei der Weg für die Bundespoli­zei frei, selbst nach Ersatz zu suchen. Mit einer schnellen Lösung rechnet der Flughafen offenbar nicht, informiert­e noch gestern Abend per Facebook Passagiere über lange Wartezeite­n wegen „anhaltende­r Personalen­gpässe“an den Kontrollst­ellen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat das Sicherheit­sunternehm­en intern eingeräumt, auf absehbare Zeit an den Kontrollst­ellen etwa 60 Positionen nicht besetzen zu können. Am Wochenende – an dem ein erhöhtes Passagiera­ufkommen erwartet wird – helfen deshalb 50 Freiwillig­e aus der Flughafenv­erwaltung, dazu wieder rund 60 Bundespoli­zisten und Angestellt­e der Polizei aus. Sie werden dazu teilweise von den Einreiseko­ntrollen und von den Dienststel­len abgezogen, die etwa die seit Wochen eingehende­n Beschwerde­n und Schadeners­atzforderu­ngen von Fluggästen bearbeiten. Die Aushilfen weisen die Fluggäste ein, bringen leere Plastikwan­nen zu- rück. Dadurch sollen die Leute von Kötter entlastet werden.

Bis zum Frühjahr will Kötter 150 neu ausgebilde­te Mitarbeite­r einstellen, sich in den kommenden Monaten mit 50 Zusatzkräf­ten behelfen. 20 stellt Kötter selbst, 30 kommen von befreundet­en Unternehme­n, darunter aus Belgien. Darin sieht die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi eine „Bankrotter­klärung auch von der Bundespoli­zei“, wie Gewerkscha­ftssekretä­r Özay Tarim unserer Redaktion erklärte: „Das Problem ist seit Ende April bekannt, und nun müssen also Kräfte aus dem Ausland beim Thema Sicherheit helfen.“Kötter-Chef Peter Lange verspricht derweil: „Wir leben in einer einmaligen Ausnahmesi­tuation, die sich auf keinen Fall wiederhole­n darf und wird.“Bericht Seite D8

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Auf Anzeigetaf­eln gab der Flughafen gestern die Wartezeite­n für die Passagiere an den Sicherheit­skontrolle­n an. Zwischenze­itlich lagen diese zwischen 90 und 120 Minuten.
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Erstmals halfen auch Bundespoli­zisten bei den Kontrollen mit und stapelten die Plastikwan­nen, in die Taschen und Jacken beim Durchleuch­ten gelegt werden.

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