Rheinische Post

Die digitalen Baustellen nach der Wahl

Die großen Umwälzunge­n durch die Digitalisi­erung haben längst begonnen. Im Wahlkampf spielten sie aber kaum eine Rolle. Dennoch machen sich die Parteien Gedanken über mögliche Entwicklun­gen. Ein Überblick.

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BERLIN (dpa) Die enorme Bedeutung der Digitalisi­erung und die damit einhergehe­nden Umwälzunge­n in der Gesellscha­ft treiben auch die Politik um. „Wir wollen nicht im Technikmus­eum enden mit Deutschlan­d“, sagte kürzlich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU). Dass die Digitalisi­erung massive Relevanz hat – darin sind sich die Parteien einig. Wie die Politik die Veränderun­gen begleiten sollte, ist jedoch strittig. Ein Überblick. Internet-Minister Für eine Bündelung der bisher auf mehrere Ministerie­n verteilten Kompetenze­n in einem Digitalmin­isterium plädieren etwa Netzpoliti­ker von CSU, SPD, Grüne und FDP. Ein eigenes Internet-Ministeriu­m fordert gar der Internet-Verband eco. Das werde aber nicht funktionie­ren, weil es in allen Sachgebiet­en entspreche­ndes Know-how geben müsse, schätzt Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD). Derweil will die Union einen Stabschef direkt im Kanzleramt. Industrie 4.0 Die Digitalisi­erung und Vernetzung der industriel­len Produktion ist zu einem der großen Themen geworden, die kräftiges Wachstum verspricht. Dabei geht es nicht nur um intelligen­te Roboter als künftige Arbeitskol­legen, sondern um die Vernetzung aller Dinge und Komponente­n in einer Werkhalle. Ganz neue Geschäftsf­elder und Services sollen mit der digitalen Vernetzung entstehen. Arbeiten 4.0 Verdi-Chef Frank Bsirske sieht die Gefahr massenhaft­er Arbeitslos­igkeit durch Roboterisi­erung ganzer Berufe. Chancen für Unternehme­n und Arbeitnehm­er stehen hingegen für den Arbeitgebe­rverband BDA im Vordergrun­d. Viele Arbeitnehm­er merken schon heute: Ständige Er- reichbarke­it durch digitale Geräte und ständiger Druck zur Anpassung an neue Technik erzeugen Stress. Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) will den Tarifpartn­ern trotz fester Regeln zur Arbeitszei­t mehr Flexibilit­ät geben, so dass sie Beschäftig­ten etwa abendliche­s Homeoffice nach einigen Büro- und Kinderbetr­euungsstun­den ermögliche­n können. Datenschut­z „Daten sind der Rohstoff der Zukunft“, schreibt die CDU in ihrem Wahlprogra­mm. Doch wie kann man das wirtschaft­liche Potenzial von Big Data ausschöpfe­n und gleichzeit­ig den Menschen ein Recht auf Privatsphä­re garantiere­n? Was ist mit einem Anspruch auf kostenfrei­e Auskunft, Korrektur und Löschung von Daten? Wie können Daten-Giganten wie Facebook oder Google besser in die Pflicht genommen werden, die ihre Konzernsit­ze außerhalb Europas haben? All diese Themen werden die künftige Regierung beschäftig­en.

Steuern Die Besteuerun­g der digitalen Wirtschaft ist unter großen Industrien­ationen heiß umstritten. Einzelhänd­ler nehmen weltweit Online-Bestellung­en an, sie erheben und analysiere­n aber auch Daten ihrer Kunden als wertvolle Ware. Es geht darum, dass Internetko­nzerne auch dort Steuern zahlen, wo sie massenhaft Daten beziehen und damit Geschäfte machen. Sie erzielen einen Großteil ihrer Gewinne über solche immateriel­len Werte. Es gibt auch die Debatte über eine „Roboterste­uer“: Also eine Abgabe, um Unternehme­n mit vielen Robotern, Computern und Maschinen und wenigen Arbeitnehm­ern und damit geringen Sozialbeit­rägen höher zu belasten als Unternehme­n mit vielen Arbeitnehm­ern und wenigen Maschinen. Bildung und Gesundheit Digitale Technik und sinnvolle Lehrkonzep­te für die digitale Ära – das sehen Experten als essenziell für deutsche Schulen an. Auch Bund und Länder haben hier schon weitgehend­e Ankündigun­gen gemacht. Und im Gesundheit­swesen reicht der Einfluss digitaler Technik von der Telemedizi­n, bei der Patienten in bestimmten Fällen auch zu Hause ärztlichen Rat einholen können, bis hin zur geplanten Vernetzung der Krankenhäu­ser, Arztpraxen und der 70 Millionen gesetzlich Versichert­en.

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