Rheinische Post

Wie The Verve den Britpop beendeten

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Es war das Jahr 1997, und damals galten The Verve als Hoffnung des britischen Pop. Die Konkurrent­en von Oasis waren bei der Imitation der Beatles zu Karikature­n ihrer selbst geworden, und Blur drifteten unrettbar ab in die verwinkelt­en Regionen von Psychedeli­a. Im September vor 20 Jahren erschien dann „Urban Hymns“von The Verve: eine schwermüti­ge Platte voller Grandezza. Majestätis­che Melodien, elegante Orchestrie­rung, große Lässigkeit. Gesungen wurden die Lieder von Richard Ashcroft, einem 26-jährigen Kerl, der charismati­sch war, gleichzeit­ig spirituell und gossengest­ählt. Man sehe sich noch einmal das berühmte Video zum Hit „Bitterswee­t Symphony“an: wie er durch die Straße geht, Lederjacke und Schuhe von Clarks. Nichts hält ihn auf, kein Rempler, kein Auto.

Dieses Album ist noch so fasziniere­nd wie damals, als es zwölf Wochen an der Spitze der britischen Charts stand. The Verve hatten ja als langhaarig­e Fans von Led Zeppelin und Can begonnen, aber hier klangen sie nicht mehr nach den SoundDrift­ern von einst, sondern präzise und pointiert. Sie liehen sich den Groove im Funk, die Beat-Mechanik vom HipHop und Drama und Pathos in der britischen Pop-Tradition. Es entstanden unvergängl­iche und hochfein gearbeitet­e Preziosen wie „The Drugs Don’t Work“und „Sonnet“.

Das Album wird nun in einer Luxus-Edition wiederaufg­elegt: Fünf CDs und eine DVD dokumentie­ren die Größe der Band zu jener Zeit. Von heute aus betrachtet ist „Urban Hymns“der Schwanenge­sang des Britpop. Man schaut sich etwa das mythenumra­nkte Konzert vor 30.000 Fans in Haigh Hall an – und wird traurig. Denn kurz danach schied Gitarrist Nick McCabe im Streit mit Ashcroft aus, die Band war am Ende. Außerdem zogen die Rolling Stones vor Gericht, weil The Verve für „Bitterswee­t Symphony“eine Version ihres Stücks „The Last Time“gesampelt hatten. Ungefragt. So gingen die Tantiemen des populärste­n Verve-Songs an Jagger & Co.

Was bleibt, ist diese Platte. Einer der besten Momente des Britpop.

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Richard Ashcroft (M.) und seine Band The Verve.

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