Rheinische Post

Briefwahl-Auszähler leisten Schwerstar­beit

Noch nie haben so viele Düsseldorf­er per Brief gewählt. Um die mehr als 105.000 Stimmen kümmerten sich 750 Wahlhelfer.

- VON PAUL NACHTWEY UND ANNE ORTHEN (FOTOS)

Der Briefkaste­n ist bis zum Rand mit den roten Umschlägen gefüllt. Hans-Joachim Wetzler schiebt die Briefe in die gelbe Postkiste und macht sich auf den Weg in Raum 1101. Dort organisier­en Wetzler und seine Kollegen aus dem Amt für Statistik und Wahlen die Briefwahl für Düsseldorf. Dutzende der gelben Kisten stehen auf dem Tisch, in allen stapeln sich die roten Umschläge, die die Briefwahlz­ettel beinhalten. In der letzten Stunde sind noch einmal einige Umschläge an der Brinckmann­straße angekommen. Die Post arbeitet an diesem Wochenende auch sonntags, alle Wahlzettel sollen ihren Weg in die Urnen finden. Um Punkt 18 Uhr wird Wetzler das letzte Mal in den Briefkaste­n schauen. „Die Umschläge, die das Amt später erreichen, werden als ungültig gewertet“, erklärt er.

In diesem Jahr haben mehr als 105.000 Wähler per Brief gewählt, ein neuer Rekord für Düsseldorf. Für die 750 Wahlhelfer, die die Briefwahlz­ettel auszählen, bedeutet das auch mehr Arbeit. Sie sitzen an diesem Sonntagabe­nd in den Büroräumen der Behörden. Wo sonst Bauanträge bearbeitet werden oder Vermessung­en für das Katasteram­t stattfinde­n, werden die Stimmen der Briefwahl ausgezählt.

Alexander Hens sitzt in einem der 94 Räume. Er arbeitet bei der Stadt und wurde vor einigen Jahren gefragt, ob er als Wahlhelfer arbeiten möchte. Seitdem habe er bei jeder Wahl geholfen: „Ich finde es sehr wichtig, dass diese wichtige Aufgabe ordentlich gemacht wird.“Seit 14 Uhr sitzt er mit acht anderen Helfern in einem kleinen Büro und bereitet die Auszählung vor. Alle Briefwahlu­nterlagen erreichen das Amt in zwei Umschlägen. Der äußere rote Umschlag darf schon vor 18 Uhr geöffnet werden. „Wir kontrollie­ren, ob der Wahlschein korrekt ausgefüllt ist und ob die Unterlagen vorschrift­sgemäß im Umschlag zu finden sind“, erzählt Hens. Der eigentlich­e Wahlzettel steckt in einem zweiten blauen Umschlag, den die Wahlhelfer bis 18 Uhr in der Urne verwahren.

Im ganzen Haus herrscht reges Treiben. Die Kisten werden an die zuständige­n Orte verteilt, in den einzelnen Räumen stapeln sich die Zettel. Etwa eine Stunde bevor die Wahlhelfer die Urnen öffnen dürfen, sind die meisten Teams fertig mit den Vorbereitu­ngen. Viele der Helfer gehen für ein paar Minuten vor die Tür, um die letzten Sonnenstra­hlen zu genießen und sich vor der Auszählung zu stärken. Auch im zentralen Raum bei Hans-Joachim Wetzler und seinen Kollegen ist die Stimmung gut. Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche hat gerade von ersten Hochrechnu­ngen berichtet, die eine bessere Wahlbeteil­igung verspreche­n. Er sei ins Amt gekommen, um die vielen Wahlhelfer zu würdigen. „Ich möchte denen danken, die sich hier engagieren“, erklärt er. Außerdem erhoffe er sich, über die sozialen Medien noch einmal einige Bürger zu erreichen, die bislang noch nicht Wählen waren.

Um kurz vor sechs wird es langsam still auf dem Hinterhof des Amts. Die Wahlhelfer gehen in ihre Räume, um pünktlich mit den Auszählung­en anzufangen. „Um 18 Uhr öffnen wir die Urnen und fangen mit dem Sortieren an“, sagt Jennifer Kühnel, die sich als Wahlhelfer­in engagiert. Ihre Aufgabe sei eigentlich einfach zusammenzu­fassen: „Wir müssen einfach nur richtig zählen.“Wenn die ersten Ergebnisse feststehen, wird sie alle Zahlen an eine Sammelstel­le im Haus weitergebe­n. Nun kommt Hans-Joachim Wetzler eine weitere zentrale Aufgabe zu: Regelmäßig gibt es Wahlzettel, wo der Wählerwill­e nicht eindeutig zu erkennen ist. Bürger malen Blumen auf den Zettel oder schreiben ganze Gedichte in der Kabine. Die Wahlhelfer entscheide­n dann gemeinsam, ob die Stimmen gültig sind. Er habe am Wahlsonnta­g nie Zeit, zur Wahl zu gehen. Deshalb wähle er schon seit vielen Wahlen per Briefwahl. „In diesem Jahr war ich sogar der zweite Düsseldorf­er, der seine Briefwahlu­nterlagen im Internet beantragt hat.“

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Hans-Joachim Wetzler leerte gestern bis 18 Uhr stündlich den Briefkaste­n am Wahlamt an der Brinckmann­straße 5.
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Jennifer Kühnel warf die per Brief abgegebene­n Stimmen in die Wahlurne.
 ??  ?? Am späten Nachmittag kamen die zahlreiche­n Wahlhelfer nach Bilk und begannen um 18 Uhr mit der Auszählung.
Am späten Nachmittag kamen die zahlreiche­n Wahlhelfer nach Bilk und begannen um 18 Uhr mit der Auszählung.
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Die einzelnen Stimmbezir­ke waren vor der Auszählung in Kisten sortiert.
 ??  ?? Thomas Neukirchen (li.) und Stephan Haacke sortierten die Stimmen aus, die nicht gültig abgegeben worden waren.
Thomas Neukirchen (li.) und Stephan Haacke sortierten die Stimmen aus, die nicht gültig abgegeben worden waren.

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