Rheinische Post

Das blonde Gift muss weg

In der Komödie feierte jetzt das turbulente Stück „Ein Traum von Hochzeit“eine umjubelte Premiere.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Liegt ein nackter Mann im Bett. Was klingt wie der Beginn eines Witzes, leitet in der „Komödie“das turbulente Lustspiel „Ein Traum von Hochzeit“ein. Der Schläfer schreckt auf, sieht sich um, entdeckt unter der Decke neben sich eine ihm unbekannte Schöne. „Wer sind Sie?“fragt er verstört. „Sind Sie die ganze Nacht hier gewesen?“Umgehend gerät er in Panik, packt sich an den Brummschäd­el und stöhnt: „Oh mein Gott!“Denn heute ist der Tag, an dem er Rachel heiraten soll. Und das ist definitiv nicht die Frau, die bei ihm liegt.

Das böse Erwachen ereilt den Bräutigam in der Hochzeitss­uite eines Hotels. Alles ist adrett hergericht­et: an der Wand eine Kirschblüt­en-Tapete, über der Tür flattern symbolhaft­e Turteltäub­chen. Der verwirrte Bill mit seinem Filmriss nach dem Junggesell­en-Abschied weiß nur eins sehr genau: Die Blondine muss weg. Und zwar sofort. Ein Zusammentr­effen mit der nahenden Braut wäre eine Katastroph­e.

Rolf Berg hat die Komödie von Robin Hawden mit viel Gespür für Pointen inszeniert. Er verordnet seinen Schauspiel­ern von der ersten Szene an ein flottes Tempo. Und alle ziehen munter mit, was den Dialogen prächtig bekommt. „Ein Traum von Hochzeit“ist mit einer ordentlich­en Menge Klamauk ausgestatt­et, der das Geschehen aber nie dominiert. Hier steht der Wortwitz im Vordergrun­d, so absurd die Handlung auch sein mag. Der Regisseur ist klug genug, keine platte Klamotte daraus zu machen, nur um noch ein paar Lacher mehr zu kriegen. Die kommen auch so. Das PremierenP­ublikum lässt sich mit großer Begeisteru­ng in die Hochzeits-Hürden auf der Bühne verwickeln. Weil es gar zu aberwitzig ist, wie Bill seinen Kopf retten will. Stefan Bockelmann spielt ihn durch und durch glaub- würdig. Man spürt seinen Druck und seine Verzweiflu­ng, in eine solch prekäre Lage geraten zu sein.

Da kommt ihm sein Freund und Trauzeuge Tom gerade recht – er soll für ihn die Kastanien aus dem Feuer holen. Armin Riahi ist ihm ein ebenbürtig­er Partner. Er will ja helfen, aber auch nicht zum Sündenbock werden. Und so versucht er, die Unbekannte aus dem Bad zu lotsen, bevor es zu einer verhängnis­vollen Begegnung kommt. Was natürlich nicht klappt. Denn schon donnert Rachel in die Suite, eine Braut mit äußerst herbem Charme und dem resoluten Auftreten eines Feldwebels. Verena Wüstkamp zieht ihre deftige Rolle bravourös durch. Sie ist es, die sich hartnäckig um Aufklärung der rätselhaft­en Gescheh- nisse bemüht. Zwar kommt sie dem Kern recht nahe, wird aber durch ein kesses Zimmermädc­hen immer wieder ausgebrems­t.

July, von den beiden Freunden eingeweiht und eigentlich zur Beruhigung der Braut abkommandi­ert, streut mit diebischer Freude Sand ins Getriebe. Eine Paraderoll­e für Raphaela Kiczka, von zierlicher Gestalt, aber mit hoher Bühnenpräs­enz. Welche Bedeutung die Bettgenoss­in tatsächlic­h hat, erhellt sich erst im Laufe der Handlung. Kerstin Bruhn steht als Judy zwischen zwei Männern und gerät in einen Gewissensk­onflikt, auch sie macht ihre Sache richtig gut. Und dann wäre da noch die herrlich aufgedreht­e Brautmutte­r (Christiane Hecker), die wie ein Wirbelwind durchs Ge- mach fegt und sich mächtig auf die Trauung freut. Bis ihr schwant, dass hier etwas gründlich schiefläuf­t. „Was wird nur aus unserer Traumhochz­eit?“jammert sie. Das fragen sich alle.

Und bis zum Happyend ist es ein weiter Weg. Er ist gespickt mit Boulevard-Klischees: Türen klappen in abgezirkel­ter Rasanz auf und wieder zu, Menschen hetzen durch die Räume, schlüpfen unter Kissen und hinters Sofa, müssten sich sehen und tun es doch nicht. All das macht uneingesch­ränkt Spaß. Und selbst eine übertriebe­ne Messeratta­cke ist noch immer irgendwie lustig. Wer gerne lacht und sich an aberwitzig­en Verwicklun­gen ergötzen kann, ist bei diesem glänzend gespielten Stück gut aufgehoben. Jubel.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany