Die Tür zum Titel ist für Vettel offen
Mercedes und Lewis Hamilton haben Probleme mit der Geschwindigkeit. Das Punktepolster spricht noch für den Briten.
SEPANG (sid) Will Sebastian Vettel in diesen schwierigen Tagen doch noch Hoffnung auf seinen ersten Titel mit Ferrari schöpfen, dann hilft dabei ein Blick auf die Rivalen. Mercedes und Lewis Hamilton wirkten nach dem Rennen in Malaysia, als hätten sie gerade eine WM verloren – dabei führt der Brite das Klassement so deutlich an wie nie in diesem Jahr. Er konnte sich nicht darüber freuen.
„Wir hatten an diesem Wochenende noch mehr Probleme, als es von außen ausgesehen hat“, sagte Hamilton nach seinem zweiten Rang in Sepang: „Das ist einfach nicht akzeptabel für ein Team wie Mercedes.“
Nur die außergewöhnliche Pechsträhne von Ferrari in den vergangenen beiden Rennen sorgt dafür, dass Hamilton 34 Punkte vor Vettel steht, das weiß auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. „Das Pech anderer Leute muntert mich überhaupt nicht auf“, sagte der Österreicher: „Wir können uns nicht über die Punkte freuen, die wir gegen Ferrari gewonnen haben. Denn wir haben sehr viel Geschwindigkeit verloren.“
Vettels Aufholjagd vom letzten Startplatz auf Rang vier nötigte Respekt ab und machte deutlich: Ohne die Antriebsprobleme des Deutschen im Qualifying hätte dieser das Rennen wohl gewonnen. Das Gleiche galt zwei Wochen zuvor in Singapur, als ein Startcrash ihn aus dem Rennen nahm. Vettel war jeweils der schnellste Mann im Feld. In Malaysia holte stattdessen Max Verstappen seinen zweiten Karriere-Sieg, sein Red-Bull-Teamkollege Daniel Ricciardo wurde Dritter.
Vom Tempo her war Mercedes auch in Sepang nur dritte Kraft, völlig ungewohnt für die Dominatoren der vergangenen Jahre. Und so rauchten noch am Sonntagabend die Köpfe. Zweieinhalb Stunden brütete das Werksteam über diesem Rennen auf der vermeintlichen Mercedes-Strecke, erst anschließend trat Wolff noch einmal vor die Presse und sprach vom „besten Debriefing in fünf Jahren: An solchen Tagen lernt man am meisten.“
Das Problem ist mittlerweile ein altbekanntes, aber Mercedes konnte es bislang nicht bewältigen. „Auf warmem Asphalt und auf Strecken, auf denen mit viel Abtrieb gefahren wird, treffen wir das Temperaturfenster der Reifen nicht“, sagt Wolff, „das ist bei uns die Geschichte des Jahres 2017.“
Die Schwäche des WeltmeisterTeams lässt die Tür zum Titel offen für Vettel, trotz des großen Rückstandes. Wenn Mercedes nicht mal auf der Powerstrecke in Malaysia überlegen ist, sind Prognosen für die verbleibenden fünf Rennen schwierig. „Mit diesem Auto kön- nen wir überall gewinnen“, sagt Vettel.
Zunächst muss die Scuderia aber sicherstellen, dass die Antriebsaussetzer von Malaysia eine Ausnahme waren. Denn nach Vettels Problem im Qualifying brachten ähnliche Schwierigkeiten seinen Kollegen Kimi Räikkönen um den Rennstart.
So oder so muss Vettel weiterhin auf Ausrutscher Hamiltons hoffen – und darauf, dass er sein Pech für diese Saison aufgebraucht hat. Das wird schon vor dem kommenden Rennen in Japan am Sonntag (7 Uhr MESZ/RTL und Sky) wichtig: Muss wegen des kuriosen Crashs mit Lance Stroll nach der Zieldurchfahrt in Sepang Vettels Getriebe ausgetauscht werden, rückt er in Suzuka fünf Startplätze zurück.