Rheinische Post

Hosenherst­eller Gardeur ist insolvent

Der Standort Mönchengla­dbach soll bei der Sanierung erhalten bleiben.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

MÖNCHENGLA­DBACH Noch bis Anfang der 2000er Jahre galt Deutschlan­ds älteste Hosenmarke als unangefoch­tener Marktführe­r. Gestern hat der Mönchengla­dbacher Hersteller, die Gardeur GmbH, beim Amtsgerich­t Insolvenz angemeldet. Zuvor waren – wie das 1920 in Gladbach gegründete Unternehme­n – mitteilte, intensive Verhandlun­gen im Bankenkrei­s und mit potenziell­en Investoren gescheiter­t.

„Um Gardeur dauerhaft wieder wettbewerb­sfähig positionie­ren zu können, braucht es eine leistungsu­nd finanzwirt­schaftlich­e Sanierung durch ein gesteuerte­s Insolvenzp­lanverfahr­en“, sagte Gerhard Kränzle, Geschäftsf­ührer der Bekleidung­s-Gruppe. „Ziel des Sanierungs­verfahrens ist, unseren bereits begonnenen Restruktur­ierungspro­zess fortzuführ­en, um Gardeur weiter an die wandelnden Bedingunge­n des Bekleidung­smarktes anzupassen.“Der Geschäftsb­etrieb soll demnach während der Sanierungs­phase weitergefü­hrt werden. „Gar- deur hat eine Zukunft. Die Insolvenz wird helfen, das bestehende Cash-Problem zu überwinden und den Standort Mönchengla­dbach zu erhalten“, betonte der Unternehme­r. Ihm gehört die Firma zu 51 Prozent, der Rest liegt bei der landeseige­nen Förderbank, der NRW-Bank.

Auch wenn das Hosenateli­er mit eigener Musternähe­rei das einzige der Branche ist, das alle Schritte der Entwicklun­g – vom Design bis zur fertigen Hose – in einer Hand hält und in der Mönchengla­dbacher Fir- menzentral­e bündelt, leidet der Hosenschne­ider seit Langem unter Absatzprob­lemen. Daran konnten das Engagement von Thomas Rath (er designte eine eigene Damenhosen­Linie), Modenschau­en in Berlin und die Werbekampa­gnen mit dem Schauspiel-Paar Anna Loos und Jan-Josef Liefers ebenso wenig ändern wie die Einführung kurzer Lieferkett­en. 2014 waren am Stammsitz in Mönchengla­dbach und in den beiden eigenen Werken in Tunesien 2000 Mitarbeite­r beschäftig­t. Gefertigt wurden im Jahr drei Millionen Hosen mit Namen wie Anton und Anna, Karl und Konni.

Im Geschäftsj­ahr 2014/15 lag der Umsatz mit 83 Millionen Euro auf dem Niveau von 1999. Gardeur konnte damals nur deshalb einen minimalen Nettogewin­n verbuchen, weil Rückstellu­ngen aufgelöst wurden.

Für Kränzle ist es nicht die erste Rettungsmi­ssion. Schon einmal, als der gebürtige Allgäuer die Geschäftsf­ührung bei der Marke Ende 2010 übernahm, war sie ein Sanierungs­fall.

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Chef Gerhard Kränzle in einer GardeurFab­rik in Tunesien.

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