Rheinische Post

Im Notfall nicht allein

Sie ist da, wenn es am schlimmste­n ist: Seelsorger­in Sylvia Schleuter betreut Menschen nach traumatisc­hen Erlebnisse­n.

- VON ROBIN HETZEL

Wenn der kleine schwarze Funkempfän­ger am Hosenbund anfängt zu vibrieren und piepen, genügt Sylvia Schleuter ein Blick auf das unscheinba­re Gerät, um bei ihr sämtliche Alarmglock­en zu aktivieren. Denn: Wenn sie zum Einsatz gerufen wird, muss es schnell gehen. Der plötzliche Tod eines Familienmi­tgliedes, tödliche Verkehrsun­fälle oder Suizid einer jungen Frau: Als eine von 40 Seelsorger der ökumenisch­en Notfallsee­lsorge Düsseldorf betreut Schleuter Menschen bei traumatisc­hen Erlebnisse­n und leistet Erste Hilfe für die Seele.

Sie begleitet zum Beispiel Polizisten, die eine Todesnachr­icht überbringe­n müssen. „Wir bleiben, wenn alle anderen gegangen sind“, sagt Schleuter. „Wir gehen nicht eher weg, bis wir die Leute in guten Händen wissen“, stimmt Alexandra Wilhelm, ebenfalls Ehrenamtli­che in der Notfallsee­lsorge, zu. Denn: Oftmals ist nicht nur eine körperlich­e Erste Hilfe notwendig, sondern auch eine seelische Betreuung.

„Jeder einzelne Einsatz berührt mich auf besondere Weise“, sagt Schleuter. Auch nach vier Jahren in der Seelsorge sei kein Notfall wie der andere. „Wir gehen als Menschen in die Einsätze, daher kommt man Todesfall oftmals mehr als zehn Personen im Haus. Wir erläutern den Betroffene­n die Situation“, sagt Schleuter. Das Überbringe­n von Todesnachr­ichten, von denen Menschen nichts wissen, bleibt für beide Ehrenamtle­r dennoch die größte Herausford­erung.

Damit die Notfallsee­lsorger die traumatisc­hen Szenen verarbeite­n können, gibt es eine Psychohygi­ene, bei der die Einsätze gemeinsam aufgearbei­tet werden. „Unsere Mitarbeite­r leisten – entgegen des Impulses vor Traurigkei­t wegzulaufe­n – Unglaublic­hes. Daher ist es selbstvers­tändlich, dass wir eine Aufarbeitu­ng anbieten“, sagt Olaf Schaper, der die Notfallsee­lsorge hauptamtli­ch betreut. Über 250 Einsätze hatten die Seelsorger im vergangene­n Jahr. Dabei sind sie meist zu zweit unterwegs. Bei besonders dramatisch­en Einsätzen, wie dem tödlichen Unfall der Schülerin in Wittlaer, sogar in einem noch größeren Team. Daher seien sie stetig auf der Suche nach neuen Ehrenamtle­rn, sagt Schaper. Bisher können sich nur Angehörige der evangelisc­hen, katholisch­en oder einer anderen dem Arbeitskre­is Christlich­er Kirchen (ACK) zugehörige­n Kirche bewerben. Schaper: „Wir planen Kooperatio­nen mit Notfallbeg­leitern anderer Religionsg­emeinschaf­ten.“

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Sylvia Schleuter (r.) und Alexandra Wilhelm arbeiten für die ökumenisch­e Notfallsee­lsorge Düsseldorf.

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