Rheinische Post

42,8 Kilometer auf dem Rhein nach Hamm

Bei schwierige­n Bedingunge­n haben 850 Sportler die Strecke von Leverkusen bis zum Ruderclubs Germania zurückgele­gt.

- VON TINO HERMANNS

HAMM Es war ein Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagen würde. Es nieselte, es war windig und kaum zehn Grad warm. Auf dem Rhein kamen dann auch noch die Wellen und literweise Spritzwass­er dazu. Und dennoch war der 46. Rheinmarat­hon auf Europas verkehrsre­ichstem Strom von Leverkusen zum Clubhaus des Ruderclubs Germania und Hamm so gefragt wie nie zuvor. „Zum ersten Mal mussten wir Meldungen ablehnen, weil wir unsere Teilnehmer-Obergrenze erreicht hatten“, sagt RCGermania-Regattalei­ter Ralph Beeckmann.

So fühlten sich also nach der 42,8 Kilometer langen Tortur auf dem Rhein mit den „Riemen in nasskalten Händen“mehr als 850 Ruderer in 170 Booten aus 95 Vereinen und sieben Nationen absolut erschöpft – und dennoch ein wenig als „Ruder-Halbgötter“.

„So lange an einem Stück bin ich noch nie gerudert“, verriet der zweimalige Olympiasie­ger Thomas Lange. „Aber es hat Spaß gemacht. Man kann sich die Kräfte ja einteilen.“Lange hatte sich 1988 und 1992 bei den Olympische­n Spielen in Seoul und Barcelona jeweils die Goldmedail­le im Einer gesichert. Heute ist er Chirurg in Ratzeburg und zudem Vorsitzend­er des Ratzeburge­r Ruderclubs.

Die große Rheinmarat­hon-Ausnahme als echter „Ruder-Gott“war Lange aber nicht. Mit Titie Jordache saß eine Olympiasie­gerin (1984 im Doppelvier­er) aus Rumänien ebenfalls in einem Boot auf dem Rhein. Und mit Volker „Oppa“Grabow gesellte sich ein zweimalige­r Weltmeiste­r und Olympia-Bronzemeda­illengewin­ner dazu. Und doch ist der Rheinmarat­hon keine Leistungss­chau. „Wir veranstalt­en die größte Breitenspo­rtregatta im Bereich des Deutschen Ruderverba­nds“, erklärt Beeckmann. Und so ganz nebenbei fördern die Germanen auch noch entspannte internatio­nale Beziehunge­n zwischen Düsseldorf und Ruderern aus Frankreich, England, Irland, Schweden und Italien.

„Ich bin jetzt zum 26. Mal dabei“, erzählt Michael Donnellan vom 1397 Kilometer entfernten Fermoy Rowing Club in Irland. Er gehört mit seinen Brüdern Paul, Connor und Steven zu den „Rheinmarat­honStammku­nden“, obwohl die Erinnerung­en an ihre Premiere nicht die besten sind. „1990 sind wir 600 Meter vor dem Ziel gekentert. Die DLRG wollte uns schon aus dem Wasser ziehen, aber wir haben ge- sagt, dass wir über die Ziellinie schwimmen müssen, sonst werden wir disqualifi­ziert. Wir sind damals noch Dritte geworden“, sagt Michael Donnellan und grinst. „Seitdem begrüßen wir unseren damaligen Steuermann immer lächelnd mit ,Hallo U-Boot’.“Seitdem sind die Iren vom Rheinmarat­hon nahezu besessen. Diesmal kam die irische „Reisegrupp­e“mit 33 Leuten an, brachte Gitarren, Akkordeon, sowie Bodhran (irische Rahmentrom­mel) mit und sorgte bei der Abschlussp­arty für ausgelasse­ne Stimmung. „Der Rheinmarat­hon ohne Iren aus Fermoy ist wie Irland ohne Guinness“, stellt Donnallan fest.

Mehr als 100 Helfer bot der RC Germania auf, um den Rheinmarat­hon über die Bühne zu bringen. Wie üblich konnten die Germanen wieder auf die Hilfe anderer Düsseldorf­er Wasserspor­tvereine zählen. Sie stellten Ruderboote und Steuerleut­e zur Verfügung, um alle Teilnehmer in den sicheren GermaniaHa­fen zu bringen, wofür Ralph Beeckmann herzlich dankte. Und nicht nur dafür: „Es ist alles gut gegangen, niemand ist abgesoffen, es gab keinen Einspruch. Und die Wasserschu­tzpolizei und die DLRG haben uns sogar gelobt.“

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Der Ruderclub Nürtingen (Nummer 67) stellte das zweitschne­llste Boot in der Gesamtwert­ung.

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