Rheinische Post

Letzter Air-Berlin-Flug ist am 27. Oktober

Gestern begannen die Gespräche mit den Betriebsrä­ten zum Sozialausg­leich. Erst 300 Mitarbeite­r haben schon einen neuen Job gefunden. Derweil wird der Einstieg des britischen Wettbewerb­ers Easyjet zur Zitterpart­ie.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Bei Air Berlin spitzt sich die Krise zu. Der Vorstand gab gestern in einer internen Mail bekannt, dass er spätestens ab dem 28. Oktober keine Flüge mehr unter eigener Flugnummer durchführe­n kann. Dazu sei der Konzern verpflicht­et, weil das Unternehme­n keine weiteren, unnötigen Verluste machen dürfe. Das erklärten Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann und der für die Insolvenz zuständige Generalbev­ollmächtig­te Frank Kebekus in einer Mail an die Belegschaf­t. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor.

Als Ergebnis werden Tickets von Air Berlin für Flüge nach dem 27. Oktober nicht gültig sein. „Diese Tickets verfallen“, erklärte ein Sprecher. Sollten sie nach dem 15. August gekauft worden sein, können die Kunden auf eine Rückzahlun­g vom eigens für diese Fälle angelegten Treuhand-Konto rechnen, sonst landet das Geld in der Insolvenzm­assse. Dabei wird es höchstens zehn Prozent zurückgebe­n. Schon vorher sind 100.000 Tickets für Überseeflü­ge verfallen.

Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen von der Entscheidu­ng. 38 der früher 144 Flugzeuge fliegen weiter, weil ihre Mitarbeite­r über ei- nen Ausleih-Vertrag von Lufthansa bezahlt werden und weil diese Maschinen bereits an die LufthansaG­ruppe übergeben wurden – es handelt sich also aus Sicht der Kunden gar nicht um Air-Berlin-Flüge. Zweitens geht der Betrieb beim Wiener Ferienflug­anbieter Niki uneingesch­ränkt weiter. Hier hat Lufthansa ein attraktive­s Angebot für den weiteren Betrieb gemacht. Also sollen die Flugrechte durch den Fortbetrie­b gesichert werden. Reisende von Düsseldorf oder Köln nach Mallorca oder Ibiza können also darauf setzen, dass ihre NikiFlüge auch im November abheben werden. Und später werden dann Lufthansa und ihr Ableger Euro

wings Niki über- nehmen und dabei möglicherw­eise auch die gebuchten Tickets akzeptiere­n.

Drittens wird die der Öffentlich­keit bisher fast unbekannte Fluggesell­schaft Walter den Verkehr aufrechter­halten. Dies könnte bedeuten dass alle Flüge mit 20 sehr kleinen Turbopropm­aschinen weitergehe­n, weil die von Walter betrieben werden. Unklar ist allerdings, wie die Ver- marktung laufen soll. Kunden müssen sich also informiere­n, ob es bestimmte Routen weiter gibt und unter welcher Flugnummer.

Gleichzeit­ig nehmen die Hinweise zu, dass der britische Wettbewerb­er Easyjet möglicherw­eise doch nicht wie geplant bis zu rund 30 Jets von Air Berlin übernimmt. Dies würde bedeuten, dass deutlich mehr als die bisher erwarteten rund 1400 von rund 8000 Mitarbeite­rn ihre Stelle verlieren werden.

Laut einem Medienberi­cht zögert Easyjet, die geplanten starke Präsenz in Düsseldorf wirklich aufzubauen, weil der geforderte Kaufpreis angeblich zu hoch ist – als Ergebnis würde die Dominanz von Lufthansa und ihrem Ableger Eurowings nach der Zerschlagu­ng von Air Berlin gerade in Düsseldorf sehr groß. „Aus Sicht

der Kunden wäre es gut, wenn Easyjet als starker Zweitanbie­ter in Düsseldorf antritt“, sagt Branchenke­nner Gregor Wisselt, „aber zwingen kann man die Briten nicht.“

Umso wichtiger sind aus Sicht der Belegschaf­t die Gespräche über einen Sozialausg­leich. Sie brachten allerdings bei einem ersten Treffen gestern keine positiven Ergebnisse: Der Hauptgrund ist, dass die Gewerkscha­ften einen Sozialplan für die Belegschaf­t sowie Transferge­sellschaft­en fordern. Doch das Management erklärt, es habe weder für einen großzügige­n Sozialplan noch für Transferge­sellschaft­en Geld. Etwa 300 Air-Berlin-Mitarbeite­r haben laut Unternehme­n bereits anderswo eine Anstellung gefunden. Heute wird am Berliner Firmensitz eine Jobmesse stattfinde­n, auf der große Unternehme­n Jobs anbieten wollen. 3000 Mitarbeite­r will die Lufthansa-Gruppe übernehmen, allerdings nur als Einzelbewe­rbungen und nicht als Gruppe. Air-Berlin-Sprecher

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Ein A 330 von Air Berlin: Auch er soll nicht mehr fliegen.

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