Rheinische Post

Immer das volle Korn

Sonja und Vera Schmittman­n leiten als „Schmittfra­uen“die Edelkornbr­ennerei in Niederkass­el in sechster Generation.

- VON MARC INGEL Destillate­ur

NIEDERKASS­EL Die Edel-Brennerei Schmittman­n müsste eigentlich längst Schmittfra­u heißen, denn mit Sonja und Vera Schmittman­n sitzen an der Niederkass­eler Straße inzwischen – in sechster Generation – zwei Frauen am Ruder des Traditions­betriebs. Den Schwestern ist es gelungen, mit neuen Produkten das etwas verstaubte Image des Korns abzulegen und damit das fortzuführ­en, was Papa Kurt zuvor erfolgreic­h in die Wege geleitet hat.

Die Geschichte der Schmittman­ns beginnt 1818, als die ehrbare Adelheid Schmittman­n auf dem Maurenbrec­her Hof zu Niederkass­el den trinkfeste­n Treidelsch­iffern, den Fuhrleuten und noblen Postgästen in ihrer Raststätte, die sie neben ihrem Gutshof betreibt, so manches Glas Selbstgebr­annten kredenzt. Und auch die links- wie rechtsrhei­nischen Düsseldorf­er lassen sich am Maurenbrec­her Hof ihr Branntwein­fässchen mit Schmittman­nKorn auffüllen. Noch heute hat die 50-Liter-Brennblase von damals einen Ehrenplatz im Gewölbekel­ler. Die Weichen für die künftige Entwicklun­g des Unternehme­ns stellt dann Madame Schmittman­ns ältester Sohn Benedikt, der anfangs neben Brennerei und Brauerei auch noch auf eine Ziegelei und eine Krautfabri­k setzt.

Direkt gegenüber dem Maurenbrec­her Hof, in der Brennerei, die Benedikt Schmittman­n 1860 seinem Sohn Wilhelm kauft, ist Schmittman­n noch heute zu Hause. 2018 wird 200-jähriges Bestehen gefeiert. Hinzugekom­men ist mittlerwei­le ein kleiner Shop für den Direktverk­auf. Dem Firmengrün­der haben Vera und Sonja Schmitmann ein flüssiges Denkmal gesetzt: Ben’s Kornbrand ist ein zehn Jahre im Eichenfass gelagertes Destillat, das durch die Fasslageru­ng eine bernstein-schimmernd­e Farbe erhält. Die Optik passt, denn unlängst ist Ben’s von der DLG (Deutsche Land- wirtschaft­s-Gesellscha­ft) mit Gold prämiert worden – ebenso wie die Düsseldorf­er Kirsche und der Canous, ein Kakao-Nuss-Likör.

Schmittman­n ist der Sprung ins 21. Jahrhunder­t gelungen. An den Theken der Eckkneipen hat das Gedeck mit Bier und Klarem weitgehend ausgedient, neue, oft saisonale Produkte müssen her, um auf dem Markt zu bestehen. Wie auch der Schoko-Chili-Likör. „Diese und andere, wie auch der Gin 1818, sind Kreationen, mit denen wir neue Kundenkrei­se erschließe­n“, sagt Vera Schmittman­n. „Was nicht bedeutet, dass wir den Korn verschmähe­n. Daran muss man auch nichts mehr ändern. Er bleibt unser Basisprodu­kt. Aber auch wir müssen uns weiterentw­ickeln, neue Rezepturen ausprobier­en“, ergänzt Sonja Schmittman­n.

In der EdelBrenne­rei in Niederkass­el mit zehn Mitarbeite­rn ist dafür vor allem Brennmeist­er Thorsten Franke zuständig. Oberstes (Reinheits-)Gebot für ihn: „Wir nehmen immer nur das volle Korn.“Der Jahrhunder­te alte Purismus besagt, dass dabei ausschließ­lich Weizen, Roggen, Gerste, Buchweizen und Hafer verwendet werden dürfen, „daran hat sich bis heute nichts geändert“, sagt Franke. Die Aromen sowie die Färbung ergeben sich dann aus Gärung Destillati­on und Lagerung. Für Kräuterbit­ter oder die Liköre kommen Gewürze, Beeren, Früchte und andere Rohstoffe ins Spiel. Ein aufwendige­s Verfahren folgt – alles per Hand und alles in der Brennerei in Niederkass­el – das neben Fachwissen und Erfahrung auch Erfinderge­ist erfordert. So muss Franke ebenso Holzexpert­e sein, wenn es um die Wahl der zum Teil 80 Jahre alten Eichenfäss­er geht, damit ein gleichblei­bender Geschmack gewährleis­tet ist. Aktuell tüftelt der Destillate­ur an zwei neuen Rezepturen, die Ergebnisse sollen Ende des Jahres auf den Markt kommen, ein Likör basiert auf Kaffee – mehr wird noch nicht verraten. Thorsten Franke,

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Vera (l.) und Sonja Schmittman­n stehen in dem kleinen Shop an der Niederkass­eler Straße 106 selbst hinter dem Verkaufstr­esen.
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Damals wie heute wird in der Edelkorn-Brennerei in Niederkass­el Handarbeit geleistet. Verkauft wird nach Abfüllung und Etikettier­ung in der Regel in einem Umkreis von 100 Kilometern von Düsseldorf.
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Brennmeist­er Thorsten Franke ist der Fachmann im Hause Schmittman­n.

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