Rheinische Post

Lehrer fehlen an Realschule­n

Die Bezirksreg­ierung hat aktuelle Zahlen zur Lehrervers­orgung in Düsseldorf vorgelegt. Zwischen 92 und 100 Prozent der Stellen seien besetzt. Die stadtweite Pflegschaf­t spricht von „Märchenstu­nde“.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Bezirksreg­ierung gibt an, dass zwischen 92 und 100 Prozent der Lehrerstel­len besetzt seien. Die Elternpfle­gschaft spricht von einer „Märchenstu­nde“.

In Düsseldorf fehlen Lehrer, nicht nur, aber ganz besonders an Realund Förderschu­len. Wenigstens in diesem grundsätzl­ichen Befund sind sich Eltern und die für die Lehrervers­orgung verantwort­liche Bezirksreg­ierung einig. Ansonsten gehen die Meinungen zur Frage, wie gut oder schlecht die Schulen der Landeshaup­tstadt mit Pädagogen versorgt sind, weit auseinande­r.

Aktuelle Zahlen von Thomas Hartmann, in der Bezirksreg­ierung Abteilungs­direktor für Schulen, sorgen für neuen Zündstoff. Danach befindet sich das Verhältnis von bewilligte­n Stellen und tatsächlic­her Lehrerauss­tattung in einem „überwiegen­d ausgewogen­en“Verhältnis. Konkret beziffert Hartmann die Personalau­sstattungs­quote (PAQ) in Düsseldorf zum Stichtag 21. September 2017 wie folgt: Grundschul­en: 98,94 Prozent, Gesamtschu­len: 95,92 Prozent, Hauptschul­en: 101 Prozent, Berufskoll­egs: 99,77 Prozent, Gymnasien: 98,65 Prozent. Dahinter folgen die Förderschu­len (93,38 Prozent) sowie auf dem letz- ten Platz die Realschule­n mit 92,33 Prozent.

Antje Schuh, Vorsitzend­e der Elternscha­ft Düsseldorf­er Schulen (EDS), hört die Botschaft wohl, nur glauben mag sie sie nicht. Von einer „Märchenstu­nde“der Bezirksreg­ierung spricht die Mutter zweier Kinder, die für rund 80 Düsseldorf­er Schulpfleg­schaften spricht. „Quoten von 98 oder 99 Prozent legen nahe, dass es – von Ausnahmen abgesehen – genug Lehrer gibt. Wir erleben aber das Gegenteil, erhalten wöchentlic­h Rückmeldun­gen über Klassen, die größer sind, als sie eigentlich sein sollten, weil es einfach nicht genügend Lehrer gibt.“Hinzu kämen zahlreiche Unterricht­sausfälle, „weil Lehrer langfristi­g erkranken, weil andere frühzeitig pensionier­t werden und weil Referendar­e nicht mehr das volle Schuljahr in ihren Lerngruppe­n verbringen“.

Viele dieser Stellen kämen aber der Statistik zugute, obwohl sie nicht wirklich besetzt seien. Dass bei Langfrist-Erkrankung­en Lehrer grundsätzl­ich durch Vertreter ersetzt werden, bestreitet Schuh nicht. „Aber bis derjenige tatsäch- lich das erste Mal in die Schule kommt, kann es Wochen dauern.“

Dass Lehrer knapp sind, weiß auch Sebastian Delißen, Leiter der Realschule Florastraß­e. Seine Schulform, deren Sprecher er ist, hat besonders zu kämpfen. Delißen findet das auch deshalb bitter, weil die 13 Düsseldorf­er Realschule­n viel Zulauf haben. Während andere Kommunen diese Schulform auslaufen lassen, bleibt die Landes- hauptstadt der wichtigen Säule im mehrgliedr­igen Schulsyste­m treu. Genau das wird nun zum Problem. „An vielen der auslaufend­en Realschule­n sitzen Lehrer, die nicht so rasch versetzt werden. Deshalb gibt es dort bei sinkender Schülerzah­l plötzlich Ausstattun­gsquoten von 110 und mehr Prozent“, sagt Delißen. Im gesamten Regierungs­bezirk führe das dann im Schnitt zu einer 100 Prozent-Ausstattun­g. „Wir möchten, dass man für den gesamten Bezirk vorübergeh­end Quoten von deutlich mehr als 100 Prozent zulässt“, sagt der Pädagoge. Dass ihm Lehrer fehlen, löst er über größere Klassen. Etwa 30 Schüler sitzen dann im Unterricht.

„In anderen Schulforme­n sieht das genauso aus“, sagt Schuh und fordert von der neuen Landesregi­erung „rasch zu handeln“. „Steigende Geburtenra­te, wachsende Düsseldorf­er Bevölkerun­g, mehr SchulStand­orte, G9 statt G8, Inklusion und eine anstehende Pensionier­ungswelle werden das Problem gerade hier massiv verschärfe­n“, sagt sie. Nötig seien Ausstattun­gsquoten von 105 Prozent als Regelfall.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Michaela Hochhausen (34) ist Lehrerin an der Realschule Florastraß­e in Unterbilk. „Ich kann diese Schulform nur empfehlen“, sagt sie.

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