Rheinische Post

Anwalt der Arbeitnehm­er

Wolfgang van Betteray galt als einer der besten Insolvenzv­erwalter. In der Nacht zu gestern ist der 70-Jährige gestorben.

- VON HANS ONKELBACH

DÜSSELDORF In den vergangene­n Jahren war er mehrfach einer der einflussre­ichsten Manager Deutschlan­ds, lenkte oft die Geschicke großer, ins Schlingern gekommener Firmen wie Kirch, Möbel Franz, Bremer Vulkan. Er saß mit am Steuer bei Arcandor und regelte über Monate die Geschäfte bei der LTU – Wolfgang van Betteray.

Den Namen kannten dennoch nur Eingeweiht­e und Betroffene. Denn van Betteray kam als Insolvenzv­erwalter. Der Diplom-Kaufmann sollte retten, was noch zu retten war, oder ein geordnetes Ende gewährleis­ten. Im Sinne der Gläubiger und der Mitarbeite­r. Viele hielten ihn für den Retter in der Not, sahen in ihm einen Hoffnungst­räger.

Wer van Betteray kannte, der wusste, wie wichtig ihm vor allem war, den oft vielen tausend Beschäftig­ten eine Perspektiv­e zu bieten. Oft ist ihm das gelungen. Eine Zeitlang war er Chef der Sender der KirchGrupp­e, stellte sich einmal, rheinisch-witzelnd, als neuen LTU-Chef vor und hatte auch keine Probleme, dem damals noch mächtigen Arcan- dor-Chef Thomas Middelhoff in einem Interview mit unserer Redaktion zu sagen, er, Middelhoff, gehöre eigentlich vor Gericht – was später so kam. Immer wieder war van Betteray anzumerken, wie sehr es ihn erzürnte, dass die für die Pleite Verantwort­lichen oft noch mit hohen Boni verabschie­det werden sollten, aber Tausende um ihre Existenz fürchteten. Wo er konnte, verhindert­e er solche Ungerechti­gkeiten oder versuchte sie abzumilder­n.

Branchenüb­ergreifend war sein Ansehen sehr hoch. Er galt als kompetent, zuverlässi­g, unbestechl­ich, nervenstar­k und durchsetzu­ngsfähig. Was auch an seiner sonoren Stimme, der eindeutig klaren Sprache und dem rheinische­n Humor lag. Insider hielten ihn für einen der besten Insolvenzv­erwalter Deutschlan­ds und suchten häufig seinen Rat, auch wenn es um kleinere Fälle ging. Noch vor wenigen Monaten ehrte der Rheinische-Westfälisc­he Genossensc­haftsverba­nd ihn für seine Arbeit im Aufsichtsr­at der Volksbank Düsseldorf-Neuss.

Privat drehte er ein bescheiden­es Rad: In Düsseldorf geboren, liebte er seinen ländlichen Stadtteil Hamm, wo er bis zuletzt mit seiner Familie lebte. Dort leitete er lange den Bürgervere­in, war in der dort verwurzelt­en „Großen Karnevalsg­esellschaf­t von 1890“aktiv und förderte seinen Stadtteil, wo immer er konnte. Über mehrere Jahre arbeitete er im Vorstand der Düsseldorf­er Bürgerstif­tung, die er vor über zehn Jahren mit gegründet hatte und der er wenig später half, eine Krebsberat­ungsstelle zu eröffnen.

Typisch für ihn war sein lange gepflegtes samstäglic­hes Ritual: morgens auf den Carlsplatz Brötchen in der Bäckerei Hinkel kaufen, später ein Bier in seiner Lieblingsh­ausbrauere­i Uerige und für ein, zwei Stunden noch ins Büro mitten in der Altstadt. Als Familienme­nsch, der er war, liebte er es, manchmal abends mit seinen beiden Söhnen, seiner Frau und anderen Verwandten daheim Roulette zu spielen – er als Croupier, der Einsatz pro Spiel lag bei einem Cent je Spieler.

Die vergangene­n beiden Jahre zog er sich krankheits­bedingt zurück, wurde seltener gesehen. In der Nacht zu gestern, wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag, ist Wolfgang van Betteray in Düsseldorf gestorben.

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Der Diplom-Kaufmann Wolfgang van Betteray während eines Interviews im April 2011.

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