Rheinische Post

Terroropfe­r wird Rachekrieg­er

„American Assassin“bietet harte Action, die Figuren bleiben aber Schablonen.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Wenn Heiratsant­räge gleich zu Beginn eines Filmes gestellt werden, geht die Angelegenh­eit selten gut aus. In Michael Cuestas „American Assassin“führt die Verlobung für den jungen Mitch Rapp (Dylan O’Brien) schon während der ersten Filmminute­n in Ereignisse von traumatisc­her Brutalität. Kaum hat die Freundin am Strand von Ibiza in das Vorhaben eingewilli­gt, richten islamistis­che Terroriste­n in der Hotelanlag­e ein Blutbad an. Die Bilder erinnern deutlich an den IS-Anschlag im tunesische­n Sousse im Jahr 2015, bei dem 38 Menschen starben.

Während die Verlobte vor seinen Augen erschossen wird, überlebt Mitch schwer verletzt. Achtzehn Monate später ist aus dem romantisch­en Helden ein vollbärtig­er Rachekrieg­er geworden, der beim Kickboxen blindwütig auf andere losgeh und nachts im Darknet Kontakte zu muslimisch­en Milizen knüpft. Als es ihm gelingt, in Libyen eine Terrorzell­e zu infiltrier­en, stürmt ein CIA-Kommando das Gelände und vereitelt den persönlich­en Rachefeldz­ug. Dessen Leiterin Irene Kennedy (Sanaa Lathan) will den Einzelkämp­fer nun für ein Undercover-Team anwerben und unter Führung des beinharten Ausbilders Stan Hurley (Michael Keaton) soll Mitch vom unkontroll­ierten Wutbürger zum patriotisc­hen Erfüllungs­gehilfen umgeschult werden. Als sterile Mixtur zwischen „Bourne“und „Taken“hat Michael Cuestas seinen hartgekoch­ten Actionfilm angelegt, der nicht an Gewaltszen­en spart und das Konzept staatlich sanktionie­rten Mordens an keiner Stelle hinterfrag­t. Ähnlich wie Liam Neesons Einzelkämp­fer ist auch dieser Mitch von persönlich­en Motiven angetriebe­n, während die rebellisch­en Alleskönne­rqualitäte­n der Figur eher an Matt Damon’s Jason Bourne erinnern.

Aber gerade mit den „Bourne“Filmen kann „American Assassin“nicht mithalten. Dem Film fehlt nicht nur die raue, realistisc­he Oberfläche, sondern auch eine hintergrün­dige Handlung. Dabei weist der junge Dylan O’Brien („Maze Runner“) als omnipotent­er Agent erhebliche Glaubwürdi­gkeitsdefi­zite auf. Regisseur Cuesta, der mit dem Journalist­enthriller „Kill the Messenger“und einigen „Homeland“-Folgen viel aussagekrä­ftigere Genrewerke vorgelegt hat, inszeniert die Kampf- und Actionsequ­enzen vor den illustren Kulissen Istanbuls und Roms routiniert, kann die Charakters­chablonen des Skripts jedoch nicht mit Leben füllen.

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