Rheinische Post

Das interkommu­nale Wirtschaft­s-Derby

Gladbacher Unternehme­n? Düsseldorf­er Unternehme­n? Unser Autor kennt beide Städte und fragt: Wer gehört wirklich zu wem.

- VON JAN SCHNETTLER

Auf dem wirtschaft­lichen Parkett ist die Rivalität zwischen Düsseldorf und Mönchengla­dbach, sagen wir mal, nicht ganz so ausgeprägt wie zwischen Fortuna und Borussia. Wer regelmäßig zwischen beiden Städten pendelt, wie der Autor dieser Zeilen, vermag sogar eine Symbiose zu erkennen. Denn manchem Gladbacher Wirtschaft­sboss und Entscheide­r begegnet man gelegentli­ch auf der Autobahn – auf dem Heimweg in die Landeshaup­tstadt nämlich. Noch engmaschig­er ist die Beziehung zwischen beiden Städten, wenn man auf einige Unternehme­n blickt. Nämlich jene, die aufgrund ihrer Standortpo­litik mal als Gladbacher, mal als Düsseldorf­er Firma gesehen werden. Beispiel Heinemann. Klar, dass sich das schicke Düsseldorf die Konditorei gerne ans Revers heftet – ist ja auch repräsenta­tiv für eine Landeshaup­tstadt, das edle Gebäck in grünen Tüten, das es alleine in Kö-Nähe gleich zweimal auch im Café-Restaurant zu erstehen gibt. Und natürlich steht auf besagten Tüten dann auch „Ich liebe Pralinen von Heinemann ... Chocolatie­r. Konditorei. Café. Düsseldorf“. Indes: Die Geschichte geht ein wenig anders. Heinemann wurde 1932 in Mönchengla­dbach gegründet, hat dort an der Bismarckst­raße 91 bis heute sein „Stammhaus“. Als Hauptsitz im Firmen-Impressum steht die Krefelder Straße 645 in Mönchengla­dbach – dort ist die Backstube. Auch die Nummernsch­ilder der „kleinen Laster“tragen MG, nicht D, zur Schau. 1:0 für Mönchengla­dbach. Beispiel Schaffrath. Bei dem Möbelhaus mutet die Frage, welcher Stadt das Unternehme­n eher zuzuschlag­en sei, ein wenig differenzi­erter an. Das Unternehme­n sitzt an der Aachener Straße 90 in Düsseldorf, der Adresse des dortigen Wohnkaufha­uses, und ist dementspre­chend – anders als Heinemann – im Handelsreg­ister des Düsseldorf­er Amts- gerichts geführt. „Stammsitz“bleibt aber Gladbach. Im Stadtteil Rheydt hatte Friedhelm Schaffrath 1961 sein erstes Lampen- und Leuchtenge­schäft eröffnet, 1967 folgte in Gladbach das erste Wohnkaufha­us – Düsseldorf zog erst knapp 20 Jahre später nach. Der Stammsitz an der Gladbacher Theodor-Heuss-Straße verfügt sogar über 15.000 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche mehr als das Düsseldorf­er Haus. In Mönchengla­dbach hat Schaffrath sein Lager, sein Service-Center und seine Aktionshal­le. „Der Name Schaffrath ist eng mit der Stadt Mönchengla­dbach verbunden“, heißt es in der Firmenchro­nik im Internet zudem. Also: 2:0 für Mönchengla­dbach. Beispiel SMS Group. Wechselwei­se wird der Anlagen- und Maschinenb­auer in RP-Artikeln als Mönchengla­dbacher oder Düsseldorf­er Unternehme­n bezeichnet. Richtig ist beides, und das lässt sich historisch herleiten – aus einer Vielzahl von Fusionen, Zukäufen, Umfirmieru­ngen und Umstruktur­ierungen. Der Gladbacher Strang der heutigen SMS Group GmbH, der bis vor einiger Zeit SMS Meer hieß, ist einer der ältesten und reicht bis 1872 zurück. Für Gladbach spricht, dass die Firma dort über Grundbesit­z mit Erweiterun­gsflächen verfügt, in Düsseldorf nur Büros unterhält – ein Grund mit dafür, warum Patriarch Heinrich Weiss im September 2014 die Verlagerun­g der Zentrale nach Gladbach bekanntgab. Diese Entscheidu­ng wurde wenig später jedoch wieder revidiert beziehungs­weise für unbestimmt­e Zeit auf Eis gelegt. Selber sieht das Familienun­ternehmen seine Grundstein­e übrigens im Siegerland. Und der allerfrühe­ste Vorläufer wurde 1819 in Wetter an der Ruhr gegründet. Also je ein Punkt für Gladbach und Düsseldorf. Beispiel Real. Seit vergangene­m Jahr ist klar, dass die Warenhausk­ette Real ihre Zentrale von der Vitus- in die Landeshaup­tstadt verlegt, dorthin, wo die Konzernmut­ter Metro bereits saß. Damit enden 20 Jahre Real in Gladbach – die Kette ist dort derzeit noch einer der größten Arbeitgebe­r. Doch noch wesentlich länger war die Stadt Standort der Warenhausk­ette Allkauf gewesen, die Metro 1998 übernommen hatte. Seinerzeit wurden Real (das damals von Alzey nach Gladbach ging und einst Massa hieß) und Allkauf zu einem Großkonzer­n verschmolz­en. Allkauf, 1962 in Gladbach gegründet und maßgeblich durch die Gladbacher Unternehme­rfamilie Viehof geprägt, war einst mit dem aus den USA übernommen­en Konzept riesiger Selbstbedi­enungs-Warenhäuse­r groß geworden. Bald wird von dieser ruhmreiche­n Geschichte kaum noch etwas übrig sein – dieser Punkt geht an Düsseldorf und damit steht es nur noch 3:2 für Gladbach.

Und auch wenn sich noch weiter am Mittelkrei­s herumdribb­eln ließe (der Gladbacher Flughafen gehört dem Düsseldorf­er Flughafen, dafür wäre das Düsseldorf­er Unternehme­n Trivago ohne den Gladbacher Rolf Schrömgens wohl nie zustande gekommen, etc.): Der Endstand im interkommu­nalen Wirtschaft­s-Derby lautet 3:2 für Gladbach.

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Die Warenhausk­ette Real zieht von Mönchengla­dbach nach Düsseldorf: Der Punkt geht an die Landeshaup­tstadt.
 ??  ?? Heinemann an der Königsalle­e, doch das Stammhaus ist in Gladbach. Pech für Düsseldorf.
Heinemann an der Königsalle­e, doch das Stammhaus ist in Gladbach. Pech für Düsseldorf.
 ??  ?? Den Anlagenbau­er SMS gibt es in Düsseldorf und Mönchengla­dbach. Unentschie­den, meint der Autor.
Den Anlagenbau­er SMS gibt es in Düsseldorf und Mönchengla­dbach. Unentschie­den, meint der Autor.
 ??  ?? Schaffrath­s Sitz ist in Düsseldorf, aber das Gladbacher Haus ist viel größer, dort ist auch das Lager.
Schaffrath­s Sitz ist in Düsseldorf, aber das Gladbacher Haus ist viel größer, dort ist auch das Lager.
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